Die UN-BRK ist die selbstgewählte normative Grundlage der Betreuungsrechtsreform.[159]
Wie alle Vertragsstaaten muss hiernach auch Deutschland
▪ | Menschen mit langfristigen körperlichen, seelischen, geistigen oder Sinnesbeeinträchtigungen[160] durch geeignete Maßnahmen in die Lage versetzen, ihre Rechts- und Handlungsfähigkeit auszuüben;[161] | ||||||
▪ | die Unterstützungsmaßnahmen
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Einschränkungen des Schutzadressatenkreises kennt die UN-BRK nicht: Ihre Standards müssen für ausnahmslos alle Menschen mit Behinderungen verwirklicht werden.[163]
Hiermit unvereinbar ist ein legislatorisches Konzept, das gesetzliche Betreuung durch "privatautonome Rechtsfürsorge" vermeiden soll,[164] ohne dabei vertraglich und gesetzlich betreuten Menschen denselben Missbrauchsschutz zu gewähren. Die konzeptionellen Rahmenbedingungen der Reform 2023 begünstigen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: Wer eine staatlich ausdrücklich geförderte[165] Vorsorgevollmacht erteilt, bleibt anschließend unter dem Label "Privatautonomie" weitgehend sich selbst überlassen. Dagegen wird "möglichst effektiv gegen Missbrauch geschützt",[166] wer einfach nichts unternimmt.
Mit seiner Zustimmung gem. Art. 59 Abs. 2 GG[167] hat der Gesetzgeber seinen eindeutigen Willen erklärt, auch den Missbrauchsschutz der UN-BRK in Deutschland zu verwirklichen, und zwar uneingeschränkt für alle behinderten Menschen. Deshalb ist es sowohl mit Blick auf Art. 12 UN-BRK als auch unter dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt der Einheit bzw. Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung[168] unzulässig, behinderte Vollmachtgeber von diesem Schutz auch nur teilweise auszuschließen.
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