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Vermächtnisse und (spätere) lebzeitige Vermögensumschichtungen sind nicht immer aufeinander abgestimmt. In manchen Fällen vergessen Erblasser schlicht, dass sie in ihren letztwilligen Verfügungen von einer anderen Vermögensstruktur ausgegangen sind. In anderen Fällen erfolgt die spätere Vermögensumschichtung nicht durch den Erblasser selbst, sondern durch einen Bevollmächtigten, u.a. General- und Vorsorgebevollmächtigten. In allen Fällen kann dies möglicherweise nicht dem Erblasserwillen entsprechen. Für die vorsorgende Erbrechtsgestaltung stellt sich die Frage, wie solche späteren Vermögensumschichtungen bereits bei der Abfassung des Testaments oder Erbvertrags berücksichtigt werden könnten. Hiermit beschäftigt sich der nachstehende Kurzbeitrag und gibt zwei Formulierungsvorschläge an die Hand.
A. Problemstellung
Die Problemstellung wird anhand des nachstehenden Ausgangsfalls deutlich.
Erblasser E hat zwei Personen, denen er Vermögensgegenstände zuwenden möchte. A soll dabei seine Immobilien und B sein Kapitalvermögen erhalten. Es ist davon auszugehen, dass die Immobilien und das Kapitalvermögen in etwa gleichwertig sind. Erbrechtlich umsetzen lässt sich die Zielsetzung des Erblassers etwa durch eine Alleinerbeinsetzung des A mit Kapitalvermächtnis zugunsten des B ggf. mit Testamentsvollstreckungsanordnung und postmortaler Vollmacht zur Vermächtnisabsicherung aus Sicht des Vermächtnisnehmers. Alternativ käme auch eine Erbeinsetzung zu je ½ Erbteil mit Teilungsanordnungen/Vorausvermächtnissen und Testamentsvollstreckung in Betracht. Jedoch würde diese eine Erbauseinandersetzung erfordern und damit kosten- und zeitintensiver sein. Sie soll nachstehend nicht weiter betrachtet werden.
Veränderungen zu Lebzeiten des Erblassers in der Vermögenszusammensetzung können die obige Gestaltung leerlaufen lassen. Denkbar ist zum einen die Veräußerung der Immobilie und damit die Erhöhung des Kapitalvermögensbestands.
Abwandlung 1: Vermögensumschichtung zugunsten des Kapitalvermögens (B)
Genauso ist umgekehrt der Verbrauch des Kapitalvermögens durch z.B. Sanierung des Wohnhauses oder Verbrauch durch lebzeitige Pflege denkbar.
Abwandlung 2: Vermögensumschichtung zugunsten des Immobilienvermögens (A)
Alle Vermögensumschichtungen sind auch durch General- und Vorsorgebevollmächtigte denkbar, insbesondere könnten A und/oder B selbst bevollmächtigt sein, und – dies soll hier nicht vertieft werden, ggf. ersatzpflichtig – bewusst Vermögensumschichtungen tätigen. Damit kann die an sich gem. § 2065 (Abs. 2) BGB höchstpersönliche Erblasseranordnung (Erbeinsetzung, Vermächtnisanordnung) materiell ausgehöhlt werden. Es handelt um ein Beispiel des Problemkreises, dass Bevollmächtigte zwar formell keine höchstpersönlichen erbrechtlichen Geschäfte vornehmen können, jedoch durch z.B. Aufenthaltsbestimmung (als Parallele zur Rechtswahl), Vermögensumschichtung (als Veränderung des "Inhalts" der Erbeinsetzung oder Vermächtniszuwendung, auch außerhalb der §§ 2151 ff. BGB) ähnliche Ergebnisse erzielen können.
Wie lässt sich diese Problematik nun bereits bei der Erbeinsetzung/Vermächtnisanordnung bedenken?
B. Lösungswege
I. Vermögensumschichtungen zugunsten des Erben
Verschaffungsvermächtnisse (§§ 2170 f. BGB) kommen als Lösung für Vermögensumschichtungen in das Vermögen eines Dritten in Betracht. In obigen Fällen gehören die Vermögensgegenstände aber nach wie zur Erbschaft, nur eben zu einer anderen Assetklasse.
Die Vermögensumschichtung könnte daher schlicht zum Entfallen des Vermächtnisses führen, insbesondere im Fall von Immobilienvermächtnissen. Dies wird üblicherweise für die Fälle der Veräußerung in das Vermögen eines Dritten vorgesehen. Bei reiner Vermögensumschichtung liegt aber die Zuwendung eines bzw. des Ersatzgegenstands nahe.
Bei Sachvermächtnissen könnte daher das Surrogat des Vermächtnisgegenstands, z.B. der entsprechende Anspruch gegen die Bank, zugewendet werden ("… Grundbesitz einschließlich dessen Surrogaten"). Alternativ kämen bei Kapitalvermächtnissen gestaffelte Vermächtnisse in Betracht. So wäre es etwa möglich, das Kapitalvermächtnis mit einem Quotenvermächtnis zu kombinieren, um damit eine Mindest- und Höchstbeteiligung des Kapitalvermächtnisnehmers am Nachlass zu erreichen. Selbstverständlich könnte gleich mit einem Quotenvermächtnis gearbeitet werden, um die besprochene Problematik von Anfang an zu vermeiden. Dies hängt vom Erblasserwillen ab. Hierzu folgender
Formulierungsvorschlag:
"Der mit diesem Kapitalvermächtnis verbundene Vermögensvorteil darf jedoch beim Erbfall höchstens/muss beim Erbfall jedoch mindestens # % vom We...