1. Erbrecht
Der bürgerlich-rechtliche Grundsatz der Haftung des Erben für alle Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 Abs. 1 BGB) klingt radikal. Er ist Ausdruck der gesetzlichen Universalsukzession: Mit dem Tod des Erblassers geht dessen Vermögen (Aktiva und Passiva) als Ganzes über auf den oder die Erben (§ 1922 Abs. 1 BGB). Der Erbe tritt an die Stelle des Erblassers. Der Erbe haftet so über den Nachlass hinaus auch mit dem eigenen Vermögen für Schulden des Erblassers. Die Nachlassgläubiger können – wie zuvor vom Erblasser – jetzt vom Erben die geschuldete Leistung fordern.
Diese Haftung kann auf den Nachlass beschränkt werden: Durch Eröffnung der Nachlassverwaltung oder eines Nachlassinsolvenzverfahrens (§§ 1975 ff BGB, §§ 315 ff InsO). Ist das etwa mangels kostendeckender Masse "nicht tunlich", kann der Erbe Forderungen eines Nachlassgläubigers mit der Dürftigkeitseinrede abwehren (§§ 1990, 1992 BGB). Unternehmensfortführung, um die es hier geht, scheitert dann. Dafür kann der Erbe wohl im Einzelfall mit Schuldnern vertraglich seine Erbenhaftung regeln. Das ist aber mühselig und bietet keine allgemeine Lösung der Konfliktlage der Erben von Kommanditanteilen.
Im erbrechtlichen Haftungssystem bleibt als Schlusspunkt das Ausschlagungsrecht. Der Erbe kann die Erbschaft (§ 1942 Abs. 1 BGB) binnen sechs Wochen ab Kenntnis (§ 1944 BGB) ausschlagen. Schlägt er aus, gilt der Anfall der Erbschaft "als nicht erfolgt" (§ 1953 Abs. 1 BGB). Damit ist der Ausschlagende rechtlich von Anfang an Nichterbe, der für keine Nachlassverbindlichkeit haftet. Dieses Ausschlagungsrecht des Erben ist der Kern unserer Problemlösung (s. IV. 3).
2. Personenhandelsgesellschaftsrecht
Zunächst zum Haftungsrecht der Personenhandelsgesellschaften, das als zweite Bezugsgröße abgestuft gilt. Die typische Form für ein gemeinschaftlich betriebenes Unternehmen ist nach Handelsrecht die offene Handelsgesellschaft (OHG). Jeder Gesellschafter haftet mit seinem gesamten Vermögen für die Schulden der Gesellschaft (§ 105 Abs. 1 HGB). Dagegen besteht zwingend eine Kommanditgesellschaft, wenn nach Gesellschaftsrecht mindestens ein Gesellschafter nur beschränkt haftet als sogenannter Kommanditist. Das ist unser Ausgangsfall.
Die Kommanditistenstellung ist ein hervorragendes Rechtsinstitut. Jedermann kann sich damit als Gesellschafter an einer Personenhandelsgesellschaft beteiligen und dennoch sein Haftungsrisiko beschränken: Soweit er die festgesetzte Einlage in das Gesellschaftsvermögen geleistet hat und dort belässt, ist seine persönliche Haftung für Gesellschaftsschulden (§ 128 HGB) gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft ausgeschlossen (Haftsumme; vgl. §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB). Die risikobehaftete Teilhabe an unternehmerischen Chancen wird so kalkulierbar. Durch Kommanditistenstellung können in Unternehmerfamilien neben dem Ehegatten auch Kinder und Enkel zur Generationenplanung frühzeitig Gesellschaftsanteile (er-)halten.
Der Kommanditanteil ist vererblich. Die Kommanditgesellschaft wird regelmäßig fortgesetzt mit dem oder den Erben des Erblassers (sog. Kommanditisten-Erben; vgl. § 177 HGB). – Was aber ist, wenn eben durch den Erbfall die gesellschaftsrechtliche und die erbrechtliche Haftungsordnung aufeinandertreffen?