Der nunmehr ablehnenden Haltung des BFH gegenüber der Vererblichkeit des Verlustabzugs liegen grundsätzliche dogmatische Überlegungen zur Gesamtrechtsnachfolge im Einkommensteuerrecht zugrunde. Zwar findet sich im Steuerrecht mit § 45 Abs. 1 AO eine ausdrückliche Regelung zur Gesamtrechtsnachfolge, § 45 Abs. 1 AO spricht aber allein von den "Forderungen und Schulden aus dem Steuerschuldverhältnis". Da die Vererblichkeit des Verlustabzugs dagegen gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist, hatte der BFH sich mit dem Umfang der Gesamtrechtsnachfolge über den Wortlaut des § 45 Abs. 1 AO hinaus zu befassen.
Bereits in der Vergangenheit finden sich zahlreiche Stellungnahmen der Rechtsprechung zur Vererblichkeit des Verlustabzugs. Lange wurden diese unter Hinweis auf das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge bejaht. Im Frühjahr 2000 hatte dann der I. Senat des BFH mit einer Divergenzanfrage eine Änderung der gängigen Rechtsprechung angestrebt, dann aber trotz jeweils zustimmender Beschlüsse des angefragten IV., VIII. und XI. Senats doch an der bisherigen Rechtsprechung festgehalten. Sein Zurückrudern begründete der I. Senat im Wesentlichen mit dem Hinweis auf die bislang gefestigte Rechtsprechung und die Akzeptanz selbiger bei der Finanzverwaltung. Eine solch gefestigte Handhabung müsse respektiert werden, solange nicht weit überwiegende Gründe für deren Aufgabe sprächen.
Einen neuen Anlauf unternahm dann der XI. Senat mit einer neuen, nun vom Großen Senat beantworteten Divergenzanfrage, die die bisherige Rechtsprechung erneut infrage stellte. Zugrunde lag diesem Verfahren der Fall eines Landwirts und Hoferben, der den nicht ausgenutzten Verlustvortrag seines verstorbenen Vaters in Höhe von 45.000 EUR nach § 10 d EStG von seiner Einkommensteuer abziehen wollte. Der nach der Höfeordnung vererbte Hof und das hoffreie Vermögen bildeten zwei Nachlassteile, die unmittelbar zum einen auf den Hoferben und zum anderen auf die Erbengemeinschaft übergegangen waren. Da sein Erbteil am hoffreien Vermögen lediglich 10 % betrug, vertrat das Finanzamt die Auffassung, der Kläger könne auch nur 10 % der vom Erblasser nicht verbrauchten Verluste abziehen. Übereinstimmend mit der Auffassung der Finanzverwaltung wurde die Vererblichkeit des Verlustabzugs im Grundsatz von dem Finanzamt aber nicht infrage gestellt. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht Kiel lehnte daraufhin einen Verlustabzug gänzlich ab, da das Recht auf Verlustvortrag gem. § 10 d EStG nicht vererblich sei. Der XI. Senat schloss sich dieser Sichtweise an. Nachdem die beiden angefragten Senate (der I. und VIII. Senat) einer Änderung der Rechtsprechung widersprachen, hatte letztendlich der Große Senat des BFH über die Vererblichkeit des Verlustabzugs zu entscheiden.