a) Ausgangslage
Der Ausgleichsanspruch entsteht mit der Fälligkeit der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeit, also ebenso wie der Pflichtteilsanspruch selbst, mit dem Erbfall.
Nun weiß zu diesem Zeitpunkt häufig noch keiner der Miterben, welchen von ihnen ein oder auch mehrere Pflichtteilsberechtigte in Anspruch nehmen werden, ob sie gegen alle Miterben-Gesamtschuldner vorgehen oder nur gegen einzelne von ihnen; unbekannt ist zu diesem Zeitpunkt auch, wie die Pflichtteilsberechtigten sich gegebenenfalls in der Vollstreckung verhalten werden, wenn das Urteil gegen alle Miterben-Gesamtschuldner ergangen ist.
Vor Teilung des Nachlasses hat auch jeder der Miterben die Einrede des ungeteilten Nachlasses (§ 2059 Abs. 1 BGB) und kann die Vollstreckung in sein nichtererbtes Vermögen bekämpfen, wenn er sich den Vorbehalt der beschränkten Haftung im Urteil vorbehalten hat (§ 780 ZPO).
Die Einrede des ungeteilten Nachlasses nach § 2059 Abs. 1 BGB geht erst dann verloren, wenn der Nachlass im Wesentlichen geteilt ist. Und dann wird der Pflichtteilsberechtigte zwar meist ebenfalls gegen alle Miterben als Gesamtschuldner klagen, aber mitunter auch nicht; Fälle, in denen dies wenig wahrscheinlich ist, wurden oben im Beispiel aufgezeigt: nicht gegen die eigenen Kinder.
Und erst zu diesem Zeitpunkt weiß der einzelne Miterben-Gesamtschuldner (wenn man einmal davon absieht, dass der Pflichtteilsberechtigte später noch andere Miterben verklagt und die Prozesse verbunden werden), dass er auf den Ausgleich bedacht ein muss.
b) Klage auf Befreiung
Der als Gesamtschuldner in Anspruch genommene Miterbe, wenn er allein verklagt ist, wird spätestens jetzt erwägen, gegen die anderen Miterben wegen des Mitwirkungsanspruchs aus § 426 BGB vorzugehen und diese auf anteilige Befreiung in Anspruch zu nehmen. Solange aber die Höhe des Pflichtteilsanspruchs noch nicht feststeht, wird er von den anderen Gesamtschuldner-Miterben regelmäßig keine anteilige Zahlung verlangen.
Unabhängig davon wird der zur Zahlung des Pflichtteils verurteilte Miterbe diejenigen Miterben, die die Pflichtteilslast tragen oder neben ihm mittragen, den Streit verkünden (§ 72 ZPO); so schließt der beklagte Miterbe aus, dass man ihm vorwirft, zu einer Zahlung verurteilt worden zu sein, die über das hinausgeht, was wirklich als Pflichtteil geschuldet wird.
Steht also fest, dass der Pflichtteilsberechtigte gegen einen bestimmten Miterben den Pflichtteil geltend machen wird, so kann dieser Miterbe gegen die anderen Miterben, die die Pflichtteilslast mittragen, Klage auf anteilige Befreiung erheben. Er muss nicht warten, bis der Pflichtteilsberechtigte gegen ihn Klage erhoben hat.