Der vom Pflichtteilsberechtigten mit der Klage aufgrund des Befreiungsanspruchs in Anspruch genommene Gesamtschuldner wird – ungeachtet einer Klage auf Befreiung von der Verbindlichkeit – am einfachsten in der Weise von der Pflichtteilslast befreit, dass jeder der anderen Gesamtschuldner seinen Anteil an der Last an den pflichtteilsberechtigten Gläubiger zahlt. Denn die Verbindlichkeit aus dem Pflichtteilsrecht geht auf Zahlung.
Das ist aber deshalb nicht unproblematisch, weil der Gläubiger, der Pflichtteilsberechtigte, nach § 266 BGB keine Teilleistungen entgegennehmen muss, wenngleich er die Teilleistungen im Allgemeinen gerne entgegennimmt. Gerade im obigen Beispiel wird der Pflichtteilsberechtigte die Teilzahlungen der Enkel, seiner Kinder, die die Pflichtteilslast alleine zu tragen haben, vielleicht deshalb gerne zurückweisen, weil er den in Anspruch genommenen Miterben ärgern möchte oder weil er gar der Ansicht ist, die Enkel müssten ihm nichts zahlen.
Kann also der Befreiungsanspruch eines Miterben-Gesamtschuldners stets oder wenigstens unter gewissen Umständen auf entsprechende Teilzahlung an den Pflichtteil-Gläubiger gerichtet sein?
Der in § 257 BGB geregelte "Befreiungsanspruch" bezieht sich nach seinem Wortlaut und seiner systematischen Stellung (vgl. § 256 BGB) auf Aufwendungen, also auf freiwillige Vermögensopfer, die derjenige erbracht hat, der nunmehr von einer dazu eingegangenen Verbindlichkeiten befreit sein möchte. Solche freiwilligen Vermögensopfer liegen hier nicht vor, weil aufgrund eines Rechtsstreits, also unfreiwillig, gezahlt wird, weshalb auch bei der Kommentierung des § 257 BGB – soweit ersichtlich – niemals auf den Befreiungsanspruch nach § 426 BGB verwiesen wird.
Dieser Befreiungsanspruch nach § 257 BGB wegen Aufwendungen unterscheidet sich also von jenem aufgrund des Gesamtschuldverhältnisses nach § 426 BGB. Von daher erscheint es nicht zulässig, beide Ansprüche gleich zu behandeln. Das ist deshalb bedeutsam, weil der auf § 257 BGB beruhende Befreiungsanspruch auch nicht von vornherein auf Zahlung gerichtet ist, sondern auf Befreiung von der Verbindlichkeit auf die Weise, die dem Ersatzpflichtigen gefällt.
Aber zu § 257 BGB macht man seit geraumer Zeit eine nicht unbedeutsame Ausnahme: Wenn derjenige, der den Anspruch auf Befreiung hat, sich ernsthaft einem Anspruch auf Zahlung ausgesetzt sieht, wenn er gar bereits auf Zahlung verklagt worden ist, dann kann er statt der "Befreiung" auch sogleich "Zahlung" von denen, die ihn von der Verbindlichkeit befreien sollen, verlangen.
Diesen Gedanken kann man auf den Befreiungsanspruch nach § 426 BGB übertragen, denn Unterschiede sind dann nicht zu erkennen, wenn es um Zahlung geht. Dabei sollte nicht übersehen werden, dass spätestens in der Vollstreckung – jedenfalls bei Befreiung von Zahlungsansprüchen – es letztlich doch auf eine Geldvollstreckung gemäß § 887 Abs. 2 ZPO hinausläuft.
Der vom Pflichtteilsberechtigten als Gesamtschuldner in Anspruch genommene Miterbe wird dann gegen die anderen Miterben-Gesamtschuldner eine "Befreiungsklage" und keine Zahlungsklage erheben, wenn er – wegen seines noch schwebenden Prozesses mit dem Pflichtteilsberechtigten – die Summen, die die Miterben ihm als Ausgleich wegen der Pflichtteilslast schulden, noch nicht beziffern kann.
Er erlangt so einen Titel und muss mit der Vollstreckung nötigenfalls so lange zuwarten, bis er aufgrund eines rechtskräftigen Urteils im Rechtsstreit mit dem Pflichtteilsberechtigten die Ausgleichssumme der jeweiligen Miterben beziffern kann (vgl. § 887 ZPO).
Deshalb wäre es hilfreich, wenn dasselbe Gericht, das über den Pflichtteil zu entscheiden hat, zugleich über die Pflichtteilslast, also über den Rückgriff, entscheiden würde. Dann könnte auch das Urteil hinsichtlich der Pflichtteilslast auf Zahlung lauten.