Im Nachfolgenden Fallbeispiel sollen die Auswirkungen der Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld vor dem Hintergrund eines Erbfalls, welcher nach dem ErbStG und der bisher wissenschaftlich erörterten Ergebnisse zu beurteilen wäre, dargestellt werden: Die Übertragung eines mittelständisch geführten Familienunternehmens mit einem realen Betriebsvermögenswert in Höhe von 50 Millionen EUR wird gegen Ende Dezember 2008 in Anbetracht der Verschonungsmöglichkeiten des Erbschaftsteuerreformgesetzes im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge vom Vater auf den Sohn übertragen. In der Annahme, dass der Betrieb weiterhin unter Regie der Familie weitergeführt wird, wird für das Grundmodell mit einer Verschonung von 650 % (bzw. Optionsmodell mit einer Verschonung von 1000 %) des übertragenen Vermögens votiert. Infolge der Finanz- und Wirtschaftkrise kommt es über die Weihnachtsfeiertage zu enormen Auftragsstornierungen und Insolvenzen von Großkunden. Noch zum 1.1.2009 muss, bedingt durch erheblichen Arbeitsausfall zur Vermeidung von Entlassungen, die konjunkturelle Kurzarbeit für die maximale Dauer von 24 Monaten eingeführt werden. Der Arbeitsausfall und das in Anspruch genommene Kurzarbeitergeld betragen 10 % in Variante 1, 50 % in Variante 2 und 90 % in Variante 3. Vereinfachend wird davon ausgegangen, dass das Unternehmen in den letzten relevanten Jahren vor der Übertragung durchweg 150 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer mit einem Lohnvolumen von 400.000 EUR brutto pro Monat beschäftigte.
Die Beispielrechnung (siehe Abbildung 4) vergleicht die oben dargestellten Auswirkungen der Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld auf die Mindestlohnsummen im Anschluss an die Übertragung. Eine Ermittlung der maßgeblichen Lohnsummen (und eine Ermittlung der Lohnkosten des Familienunternehmens) während des Zeitraums der Kurzarbeit unter Berücksichtigung der aktuellen gesetzlichen Regelungen befindet sich im Anhang (siehe Abbildung 5).
Der Variantenvergleich (in Abbildung 4) zeigt, dass bis auf einen Fall die durchschnittlichen Mindestlohnsummen nicht erreicht werden. In den wahrscheinlichen Varianten 2 und 3 werden die Mindestlohnsummen sogar deutlich unterschritten. Zudem ist zu betonen, dass die Fallbeispiele von einer "Erholung" der Auftrags- und Beschäftigungslage zum 1.1.2011 auf das alte Niveau ausgehen. Dies dürfte kaum einer reellen Entwicklung entsprechen. Soweit hier Zahlen verwendet würden, die einer moderaten Entwicklung über mehrere Jahre hin auf das alte Niveau entsprächen, dürften die Unterschreitungen der Mindestlohnsumme deutlich krasser ausfallen. Je nach wirtschaftlicher Entwicklung dürfte durch die Inanspruchnahme der Kurzarbeiterregelungen eine Unterschreitung der maßgeblichen Mindestlohnsumme mit der Folge einer erheblichen zusätzlichen Erbschaftsteuerbelastung aufgrund der Nachversteuerung vorprogrammiert sein.
Fatal ist, dass die Rückoption zum alten ErbSt-Recht wegen Verstoßes gegen die Begünstigungsvoraussetzungen ausgeschlossen ist, Art. 3 Abs. 3 ErbStRG.