1. Anspruch kraft einseitiger Zuerkennung
a) Begründung des Anspruchs aus der Satzung selbst
Die Zustimmung, die das Urteil des Xa-Zivilsenats des BGH erfahren hat, begründet sich sicherlich auch auf dem ersten Leitsatz, wonach der Anspruch des Destinatärs auf Stiftungsleistungen durch die Stiftungssatzung selbst begründet werden kann. Der BGH bestätigt hier letztlich die bekannte Judikatur, wonach der Stifter in der Satzung dem Destinatär einen schuldrechtlichen Leistungsanspruch verschaffen kann. Der Gerichtshof konkretisiert seine bisherige Rechtsprechung betreffend der Causa für Zuwendungen von Stiftungsleistungen. Zuwendungen durch Stiftungen erfolgen gelegentlich durch die Stiftungssatzung selbst. In diesen Fällen liegt keine Schenkung vor, es erfolgt allein die Erfüllung des Stiftungszwecks, der daher auch den Rechtsgrund der Zuwendung bildet. Allerdings hatte diese Aussage für die Entscheidung längst nicht die Bedeutung, die man angesichts ihrer herausgehobenen Stellung als Leitsatz erwarten konnte. Vielmehr handelt es sich um ein bloßes obiter dictum, lag doch ein Fördervertrag zwischen Stiftung und Betriebsgesellschaft vor, der vom BGH vorrangig untersucht worden ist.
b) Dogmatische Herleitung
Der Zivilsenat vertritt die Auffassung, dass in Fällen, in denen die Satzung keine Leistungsansprüche gewährt, solche durch ein einseitiges Rechtsgeschäft des Stiftungsvorstands begründet werden können und es dazu nicht notwendig eines Vertrags bedarf. Die Herangehensweise des BGH ist sicherlich der konkreten Sachverhaltskonstellation geschuldet; in dogmatischer Hinsicht überrascht sie jedoch. Im Schuldrecht des BGB stellt das vertragliche Schuldverhältnis den Regelfall dar (vgl. § 311 BGB); das einseitige Rechtsgeschäft bildet hingegen die Ausnahme. Vor diesem Hintergrund ist die Frage berechtigt, ob der Gesetzgeber selbst einen solchen Ausnahmefall geschaffen hat, was aber offensichtlich nicht der Fall ist. Sodann stellt sich die Folgefrage nach einer Vorschrift, die eine einseitige Begründung einer Verpflichtung postuliert und die einer Analogie zugänglich ist. In die Diskussion wird hier der aus dem Vermächtnisrecht stammende § 2151 BGB eingebracht.
Entgegen dem Grundsatz der materiellen Höchstpersönlichkeit letztwilliger Verfügungen (§ 2065 Abs. 2 BGB) muss der Erblasser den Vermächtnisnehmer nicht selbst bestimmen. Er kann im Gegenteil mehrere Personen mit einem Vermächtnis in der Weise bedenken, dass die Bestimmung des Vermächtnisnehmers dem Beschwerten oder einem Dritten überlassen bleibt. Dafür reicht es aus, dass der Erblasser den Personenkreis hinreichend genau festgelegt hat (§ 2151 Abs. 1 BGB). Diese im Widerspruch zu § 2065 Abs. 2 BGB stehende weitgehende Möglichkeit der Drittbestimmung des Vermächtnisnehmers rechtfertigt sich aus dem fehlenden Interesse der Nachlassgläubiger an der Person des Vermächtnisnehmers sowie aus der geringeren Bedeutung im Vergleich zur Erbeinsetzung. Nur die wichtigste Entscheidung in einer Verfügung von Todes wegen, also die Frage, wer Erbe sein soll, hat nach den Leitvorstellungen des Gesetzgebers der Erblasser selbst zu treffen. Bestimmungsberechtigt ist der Beschwerte oder ein Dritter (etwa die überlebende Ehefrau des Erblassers, ein Beirat von Vertrauensleuten oder der Testamentsvollstrecker). Die Bestimmung erfolgt durch formlose, an keine Frist gebundene Willenserklärung. Ist der Beschwerte bestimmungsberechtigt, so muss er seine Wahl dem Begünstigten mitteilen; die Bestimmung durch einen Dritten erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten, § 2151 Abs. 2 BGB.
Es liegt auf der Hand, dass eine analoge Anwendung dieser Grundsätze auf den Stiftungsfall nur denkbar ist, wenn der Stifter in der Satzung die Auswahlkriterien, die der Vorstand bei der zu fördernden Person oder Einrichtung zu beachten hat, in einer dem Maßstab des § 2151 BGB gerecht werdenden Art und Weise eigenhändig festgelegt hat. In diesem Fall, aber auch nur dann, kann die Auswahlentscheidung des Vorstands mittelbar als eine Entscheidung des Stifters selbst angesehen werden. Hier kann sodann der erste Leitsatz greifen, wonach der Anspruch des Destinatärs auf Stiftungsleistungen durch die Stiftungssatzung selbst begründet wird. Dies wird auch vom Xa-Zivilsenat des BGH so gesehen, der ausführt, der Anspruch könne durch die einseitige Zuerkennung seitens eines Stiftungsorgans begründet werden, "sofern dies dem in der Satzung niedergelegten Willen des Stifters entspricht und die satzungsmäßigen Voraussetzungen erfüllt sind". Dann handelt es sich auch nicht um eine Schenkung, da der Rechtsgrund für die Zuwendung der Stiftungszweck selbst ist.
Mit diesen Ausführungen bewegt sich der Zivilsenat in der Tat auf bekanntem Terrain. In Anbetracht der Tatsache, dass in einer solchen Konstellation der vom Stifter selbst definierte Stiftungszweck erfüllt werden soll, ist die Entscheidung folgerichtig und begrüßenswert. Zu beklagen ist lediglich, dass sich der BGH nicht die Mühe macht, seine Konstruktion dogmatisch zu fundieren. Wesentlich gravierender ist jedoch,...