1. Problemdarstellung
Nicht endgültig geklärt sind die weiteren Auswirkungen dieser Entscheidung auf verwandte Bereiche und hier namentlich auf das Pflichtteilsrecht, obwohl insbesondere der Pflichtteilsergänzungsanspruch (§§ 2325 ff BGB) auf das Stiftungsgeschäft grundsätzlich anwendbar ist und dieser Problematik erhebliche praktische Bedeutung zukommt. Stellt man auf die Zuwendung zugunsten der unter Lebenden errichteten Stiftung durch den späteren Erblasser ab, kann ein Pflichtteilsergänzungsanspruch an der Zehnjahresgrenze des § 2325 Abs. 3 BGB scheitern, zumal nach der Neufassung schon im zweiten Jahr nach der Vermögensverfügung ein schrittweise Verlust für den Berechtigten eintritt. Daher geraten zunehmend die Zuwendungen der Stiftung an die Destinatäre in das Blickfeld der Anspruchsinhaber. In der Vergangenheit ist dennoch eher vereinzelt die Frage aufgeworfen worden, ob sich die Destinatäre etwaige Leistungen einer Familienstiftung nach § 2327 BGB im Rahmen der Pflichtteilsergänzung anrechnen lassen müssen. Dies ist der Fall, wenn die Stiftungsleistungen gegenüber einem Pflichtteilsberechtigten erfolgten und den Charakter eines Geschenkes des Erblassers hätten. In diesem Kontext stellt sich die Frage nach der Übertragbarkeit der Judikatur des BGH, wonach die Zuwendung der Stiftung nicht als Schenkung anzusehen ist.
Es kommt vor, dass der Erblasser neben Schenkungen an dritte Personen zu Lebzeiten auch dem Pflichtteilsergänzungsberechtigten etwas geschenkt hat. In diesem Kontext spricht man von "Eigengeschenken" des Pflichtteilsberechtigten. Da es der Billigkeit widerspräche, wenn der Pflichtteilsberechtigte die einem Dritten gemachte Schenkung zur Ergänzung seines Pflichtteils heranziehen dürfte (vgl. § 2325 BGB), ohne zugleich ein selbst erhaltenes Geschenk einbringen zu müssen, bestimmt § 2327 BGB, dass zwecks Ermittlung des Ergänzungsanspruchs ein Eigengeschenk dem Nachlass in gleicher Weise wie das einem Dritten gemachte Geschenk hinzuzurechnen ist. Ansonsten würde der Ergänzungsberechtigte am Vermögen des Erblassers über seinen Pflichtteil hinaus beteiligt. Auf den Ergänzungspflichtteil ist daher der Wert des Eigengeschenks in voller Höhe anzurechnen.
Angesichts der Ähnlichkeit der in § 2327 BGB geregelten Konstellation mit derjenigen der Ausschüttungen durch Stiftungen an pflichtteilsberechtigte Destinatäre wird über die Anwendbarkeit der Norm diskutiert. Von ihrem Wortlaut her ist die Vorschrift für die Zuwendung durch eine Stiftung an einen pflichtteilsberechtigten Destinatär nicht geschaffen. Es wird von § 2327 BGB ausdrücklich ein Geschenk des Erblassers vorausgesetzt. Leistungen der Stiftung an die Destinatäre sind aber nach den Ausführungen des Xa-Zivilsenats des BGH gerade keine Schenkungen iSv § 516 BGB. Darüber hinaus stammen sie nicht etwa vom Erblasser selbst, sondern von der Stiftung. Damit stellt sich die Frage nach einer analogen Anwendung der Norm.
2. Analoge Anwendung des § 2327 BGB?
a) Vorliegen einer Regelungslücke
Angesichts dieses Befundes – fehlende Schenkung, Zuwendender ist nicht Erblasser – wird vereinzelt von einer doppelten Analogie gesprochen, die für eine Anwendung der Norm erforderlich wäre, aber nicht zulässig sei. Es liege weder eine Regelungslücke noch eine gleichgerichtete Interessenlage vor. An einer Regelungslücke fehle es, da eine analoge Anwendung des § 2327 BGB mit der Systematik des Pflichtteilsergänzungsrechts im Widerspruch stünde, wonach die Erträge aus Schenkungen pflichtteilsfest seien. Wenn schon die Zuwendung an die Stiftung in voller Höhe ergänzungspflichtig sei, so könnten die ausgeschütteten (Zins-)Erträge selbst nicht wiederum anrechenbare Schenkungen darstellen. Ansonsten käme es zu einer unzulässigen Überberücksichtigung der Zuwendung.
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