Einführung
Der Xa-Zivilsenat des BGH hat Ende vergangenen Jahres zur Frage nach dem Rechtscharakter unentgeltlicher Zuwendungen von Stiftungen an ihre Destinatäre Stellung genommen. Das dabei gewonnene Ergebnis überrascht nicht, führt aber dennoch zu mehr Rechtssicherheit. Die gegebene Begründung lässt zumindest in Teilbereichen aufhorchen und wirft Folgefragen namentlich für das Pflichtteilsrecht auf.
I. Problemdarstellung
Bedarf die Zusage einer Stiftung, im Rahmen ihres Stiftungszwecks (laufend) ein bestimmtes Vorhaben zu fördern, der Einhaltung der Formvorschriften des § 518 Abs. 1 S. 1 BGB als Schenkungsversprechen? Der Xa-Zivilsenat des BGH, der neben dem Gebiet der gewerblichen Schutzrechte u. a. für nicht dem II-Zivilsenat zugewiesene Schenkungsangelegenheiten zuständig ist, hat unlängst diese Frage verneint. "Ein Anspruch des Destinatärs auf Stiftungsleistungen kann durch Satzung, durch einseitige Zuerkennung durch ein Stiftungsorgan oder durch Vertrag begründet werden. Dabei handelt es sich auch dann nicht um ein Schenkungsversprechen, wenn die Zuwendung unentgeltlich erfolgt; Rechtsgrund für derartige Zuwendungen ist der Stiftungszweck selbst"; so lauten seine beiden Leitsätze.
Das Urteil steht zum einen in der Kontinuität der Entscheidung des IV. Zivilsenats des BGH vom 16.1.1957, der die Begründung eines gegen die Stiftung gerichteten einklagbaren Anspruchs auf Förderung an die Vorgaben der Stiftungssatzung und damit zumindest mittelbar an den Willen des Stifters gebunden hat, soweit nicht landesrechtliche Vorschriften dem entgegenstehen. Zum anderen deckt es sich mit der herrschenden Auffassung in der wissenschaftlichen Literatur. Es verwundert daher nicht, dass die Entscheidung in den ersten Reaktionen überwiegend auf Zustimmung gestoßen ist. Zumeist wird dem Xa-Zivilsenat des BGH zugute gehalten, er habe die Rechtsprechung zum klagbaren Anspruch des Destinatärs aus dem Jahr 1957 und diejenige zur Bedeutung der Satzung der Stiftung und des Stifterwillens fortgesetzt. Die Stiftungsleistung stellt nach hM keine Schenkung iSv § 516 BGB dar. Die Zuwendung sei vielmehr Vollzug des Stiftungszwecks. Der Beitrag analysiert zunächst das für das Stiftungswesen in Deutschland bedeutsame Urteil und nimmt anschließend zur Frage der Folgen dieser Judikatur für das Pflichtteilsergänzungsrecht (§§ 2325 ff BGB) Stellung.
II. Die Ausgangslage
Das Stifterehepaar B hatte eine Stiftung bürgerlichen Rechts errichtet, die die Förderung der bildenden Künste u. a. durch Finanzierung der Errichtung und der laufenden Unterhaltungs- und Betriebskosten anderer Museen zum Zweck hat. Nach Errichtung der Stiftung wurde zwischen dieser und einer von der Stadt S gegründeten Museums-Betriebsgesellschaft ein schriftlicher nicht notariell beurkundeter Finanzierungsvertrag geschlossen. In diesem verpflichtete sich die Stiftung, der Betriebsgesellschaft die aus einer Vermögensanlage anfallenden Erträge zur Verfügung zu stellen. Nach einer ebenfalls in einfacher Schriftform abgefassten Vertragsergänzung sollten die Erträge unmittelbar an die Stadt ausgezahlt werden. Seit seiner Gründung ist das Museum als gemeinnützige GmbH organisiert und bildet das typische Beispiel einer sog. Public Private Partnership, da Stiftungserträge, Sponsoring, Spenden und selbst erwirtschaftete Mittel rund zwei Drittel der notwendigen Erträge der Einrichtung erbringen. Man erwarb in der Folgezeit das ehemalige Rathaus eines Stadtteils und betrieb dort das Kunstmuseum.
Nachdem zunächst die Stiftung regelmäßig jährlich sechsstellige Eurobeträge an das Museum auskehrte, kam es nach der Jahrtausendwende zunehmend zu Differenzen zwischen der Stiftung und der neuen Museumsleitung über die künstlerische Ausgestaltung der Einrichtung. Als keine Einigung erreicht werden konnte, berief sich die Stiftung im Jahre 2004 auf die Unwirksamkeit des Finanzierungsvertrags mangels notarieller Beurkundung und erklärte vorsorglich die außerordentliche Kündigung. Die von der Stadt S eingereichte Stufenklage blieb vor dem LG Wuppertal erfolglos; auch die Berufung vor dem OLG Düsseldorf hatte keinen Erfolg. Der BGH hingegen verurteilte die Stiftung unter Aufhebung des Berufungsurteils und unter Zurückverweisung an das LG zu der auf erster Stufe verlangten Rechnungslegung. Entg...