Muster, Checklisten, Erläuterungen mit CD-ROM
Tanck, Krug (Hrsg.)
zerb verlag, Bonn, 4. Auflage 2010, 785 Seiten, gebunden, mit CD-ROM, 108,00 EUR
Kennen Sie noch Raider? Oder Bonitos? Oder Calgonit? Raider heißen jetzt Twix, Bonitos heute M & M (die braunen) und Calgonit nun Finish. Bis auf das Erscheinungsbild hat sich an den Produkten aber nichts geändert. Das ist bei dem Gestaltungshandbuch für Testamente von Tanck und Krug anders: Die 4. Auflage erscheint nicht nur im blauen Gewand – wie es sich für das Erbrecht gehört –, sondern wurde auch inhaltlich umfassend überarbeitet.
Das Werk ist übersichtlicher, da die Abschnitte zum Teil neu benannt und geordnet wurden. Es ist besser zu lesen, weil grundsätzlich nur noch ein Autor statt mehrerer Autoren einen Text verfasst hat. Es ist zugänglicher, weil die Muster am Ende zusammengefasst zu finden sind.
Wesentlich erweitert wurden die Kapitel "Steuerrecht" und "Auslandberührung" durch die kompetenten Autoren Riedel und Süß. Dabei herausgekommen ist allerdings schon fast ein bisschen zu viel des Guten. Für die normale Gestaltung würde bei den steuerrechtlichen Aspekten weniger genügen. Hilfreicher ist das, was bei den einzelnen Kapiteln etwa zum Nießbrauchsrecht oder zur Vor- und Nacherbschaft gesagt wird. Ausführungen zur Auslandsberührung bei der Testamentsgestaltung werden immer wichtiger, könnten hier aber für weniger geübte Leser zu anspruchsvoll formuliert sein.
Nach wie vor überzeugt das Prinzip des Buches: Es werden die einzelnen Gestaltungsmittel von der Alleinerbeneinsetzung über das Vermächtnis, die Auflage und die Testamentsvollstreckung bis zur Vor- und Nacherbenbestimmung jeweils mit ihren Möglichkeiten und Risiken dargestellt. Alles wird mit vielen Musterformulierungen versehen. Darüber hinaus werden bestimmte Gestaltungen gesondert beleuchtet, wie das Ehegattentestament, Testamente zugunsten von Behinderten oder Überschuldeten sowie Testamente für Geschiedene, Unternehmer und Landwirte. Besonders gefallen haben mir zudem die Erläuterungen zu den notariellen Formvorschriften und den sonstigen "Formfragen" bei der Testamentserrichtung, die immerhin rund 100 Seiten des Buches einnehmen: Denn was nützt das bestens gestaltete Testament, wenn es nicht wirksam errichtet wird? Gerade Rechtsanwälten fehlt aber ausbildungsbedingt regelmäßig der Einblick in z. B. notarielle Techniken. Dieser ist hier zu erhalten.
Es fällt auf, dass die Herausgeber mit Erfolg nicht nur bei sich selbst, sondern auch bei den Mitautoren auf eine gute Lesbarkeit und einen didaktisch geschickten Aufbau geachtet haben. So ist das Werk für Anfänger dienlich. Es hilft aber nicht nur beim Formulieren des ersten Testaments, sondern wird auch von "Vielgestaltern" immer wieder gern in die Hand genommen werden. Denn jeder Fall hat seine Besonderheit. Gelangt man unverhofft an ein großes Gestaltungsmandat für einen Unternehmer oder Landwirt oder hat man immer wieder Behindertentestamente zu entwerfen, lohnt sich ohnehin der Erwerb von Spezialliteratur. Für die allermeisten Gestaltungen des "normalen" Erbrechtlers aber wird dieses Buch reichen.
Nun können sich für Sie zwei Fragen stellen: Kaufen, wenn Sie die Vorauflage besitzen? Unbedingt! Kaufen, wenn Sie die Vorauflage nicht besitzen? Dann erst recht! Dieses Werk gehört zur Standardausstattung jeder Erbrechtskanzlei.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Dr. Dietmar Kurze, Berlin