1. Die unmittelbaren Auswirkungen der Entscheidung im Bereich des Behindertentestaments sind eher begrenzt. Pflichtteilsverzichte sind nur in den Fällen überhaupt möglich, in denen der Sozialleistungsbezieher selbst geschäftsfähig ist. Anderenfalls wäre zu dem von einem Betreuer erklärten Pflichtteilsverzicht eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich, die, da der Pflichtteilsverzicht selbst dem Behinderten keine Vorteile bringt, nicht genehmigungsfähig sein dürfte. Immerhin kann in geeigneten Fällen der Pflichtteilsverzicht zur flankierenden Absicherung eines Behindertentestaments eingesetzt werden. Darüber hinaus kann – sofern ein Pflichtteilsverzicht möglich ist – in der Konstellation des Ehegattentestaments die Gestaltung für den ersten Erbfall vereinfacht und der überlebende Ehegatte, was ja im Regelfall gewollt ist, ohne jede Einschränkung zum Alleinerben eingesetzt werden.
2. Weiter wird klargestellt, dass die Erbausschlagung eines Sozialhilfebeziehers als nicht sittenwidrig anzusehen ist. Auch hier dürfte sich die unmittelbare Bedeutung der Entscheidung auf die Konstellation eines selbst noch geschäftsfähigen Behinderten beschränken. Bei einem unter Betreuung stehenden, nicht geschäftsfähigen Behinderten müsste die Ausschlagung wiederum im Interesse des Betreuten sein. Dies ist ebenso, wie beim Pflichtteilsverzicht, zu verneinen. Die Bedeutung liegt auch hier wieder in der Begründung und ferner darin, dass damit eine Parallele zu der Ausschlagung in einer Privatinsolvenz hergestellt wird. Hierzu hatte der BGH bereits 2009 entschieden, dass Ausschlagung oder Nichtgeltendmachung des Pflichtteils keine Obliegenheitsverletzung darstellen. Damit wird klargestellt: Eine Ausschlagung ist sowohl durch den Sozialleistungsbezieher als auch durch den in einer Privatinsolvenz befindlichen Schuldner jederzeit möglich. Offen bleibt weiter die Frage, inwieweit gegen den Bezieher von Sozialleistungen Sanktionen in Form von Leistungskürzungen möglich sind. Dies ist eine Frage des Sozialrechts, und der BGH hat hierzu in dem Urteil keine Aussage getroffen. Der entsprechende Hinweis im Urteil, dass pflichtwidrige Herbeiführung der eigenen Bedürftigkeit zu Leistungskürzungen führen könne, ist lediglich in dem Sinne zu verstehen, dass Sanktionen abschließend durch das Sozialrecht geregelt werden. Insoweit konnte das Urteil also keine Rechtssicherheit schaffen. Es ist allerdings in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sich Wertungswidersprüche ergeben, wenn ein von der Rechtsordnung gebilligtes Verhalten seinerseits zu Sanktionen führt. Im Insolvenzrecht gilt nunmehr der Grundsatz, dass an eine Ausschlagung und einen Pflichtteilsverzicht keine Sanktionen geknüpft werden können. Diese Wertung ist zwar nicht automatisch auf das Sozialrecht zu übertragen. Auch die "Einheit der Rechtsordnung" ist bekanntlich kein schlagendes Argument. Immerhin kann aber der Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wohl nicht darauf verwiesen werden, Unterhaltsansprüche gegen Personen geltend zu machen, gegen die der Leistungsträger einen Anspruchsübergang nicht bewirken darf. Für erbrechtliche Ansprüche sollte nichts anderes gelten. Kann der Sozialhilfeträger auf diese nicht zugreifen, sollte er auch im Falle ihrer Nichtgeltendmachung nicht zu Leistungskürzungen berechtigt sein.
3. Ferner stellt sich die Frage, wie der Verzicht auf einen bereits angefallenen Pflichtteil zu beurteilen ist. Die vom Bundesgerichtshof herangezogenen Wertungen müssten im Grunde auch in dieser Konstellation zu einer Wirksamkeit des Verzichts führen. Der Unterschied liegt allerdings darin, dass nicht nur auf eine Erwerbschance, sondern auf einen bereits angefallenen Anspruch verzichtet würde. Gerade diesem Umstand hat der Bundesgerichtshof, anders als die Entscheidung der Vorinstanz, allerdings keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Ferner stünde der Verzicht auf einen bereits angefallenen Pflichtteil in einem Wettlauf mit der nach § 93 SGB XII bestehenden Überleitungsmöglichkeit des Pflichtteils durch den Sozialhilfeträger. Diese konstruktive Möglichkeit, die dem Sozialhilfeträger anders als anderen Gläubigern zusteht, spricht dafür, den Verzicht auf einen bereits angefallenen Pflichtteil eben doch anders zu beurteilen als einen gegenüber dem Erblasser erklärter Pflichtteilsverzicht. Daher erscheint der Verzicht auf einen bereits angefallenen Pflichtteil weiterhin problematisch, und zwar sowohl im Hinblick auf die Sittenwidrigkeit als auch auf die Möglichkeit des Sozialleistungsträgers zu Leistungskürzungen.
4. Weitere wesentliche Auswirkungen der Entscheidung ergeben sich, wenn die Grundsätze der Entscheidung nicht nur auf die Konstellation des Behinderten-, sondern auch auf die Konstellation des Bedürftigentestaments anwendbar sind. Gerade in diesem Bereich ist durch eine Entscheidung des SG Dortmund in der Praxis große Unsicherheit geschaffen worden. Hierzu hat v. Dickhuth-Harrach zu Recht festgestellt,...