Infrage steht, ob ein Tattoo überhaupt die Voraussetzungen für eine wirksamen Patientenverfügung erfüllen kann. Aus der Beantwortung dieser Frage ergeben sich weitreichende Rechtsfolgen für den betroffenen Personenkreis, denn die Einordnung des Tattoos als Patientenverfügung entscheidet darüber, ob der auf der Haut verewigte Wille bindend ist oder nicht.
aa) Einwilligungsfähigkeit
Im Zeitpunkt der Errichtung muss sich der Patient in einem Zustand der natürlichen Einsichts- und Steuerungsfähigkeit befunden haben. Dies ist der Fall, wenn der Betroffene Art, Bedeutung, Tragweite und auch die Risiken der Maßnahmen erfassen kann und seinen Willen hiernach bestimmen vermag. Zudem muss der Verfügende bei Errichtung der Patientenverfügung volljährig sein.
Dieser Punkt bereitet bei der Errichtung einer Patientenverfügung durch ein Tattoo nicht mehr Probleme als bei der Errichtung einer "klassischen" Patientenverfügung. Beweisfragen zur Einwilligungsfähigkeit können zwar grundsätzlich immer Streitpunkte darstellen, Fragen, welche sich im Allgemeinen bei der Überprüfung einer Patientenverfügung stellen, sollen an dieser Stelle aber nicht weiter vertieft werden.
bb) Persönliche Errichtung und Schriftform
Die Patientenverfügung ist eine höchstpersönliche Verfügung, sodass eine eigenhändige und persönliche Errichtung erfolgen muss. Eine Stellvertretung ist ausgeschlossen (Patientenverfügung als Erklärung des Patienten und nicht für den Patienten). Zudem muss Schriftform eingehalten werden. Schriftform bedeutet in diesem Fall nach § 126 Abs. 1 BGB eine eigenhändige Namensunterschrift, eine notarielle Beurkundung oder auch eine elektronische Form nach § 126a BGB, nicht ausreichend ist hingegen die Textform nach § 126b BGB. Nicht der ganze Text muss dabei persönlich geschrieben werden, ausreichend ist es, dass die Unterschrift unter dem Text vom Errichtenden persönlich und eigenhändig verfasst wurde. Mündliche Patientenverfügungen werden somit nicht von § 1901a Abs. 1 S. 1 BGB erfasst, können aber im Rahmen von § 1901a Abs. 2 BGB Beachtung finden.
Das Gebot der Schriftform bedeutet, dass eine Patientenverfügung als Tattoo nur Bestand haben kann, wenn zumindest die Unterschrift vom Errichtenden selbst tätowiert wird. Aus dem Schriftformgebot ergeben sich sowohl rechtliche als auch praktische Probleme für die Errichtung einer Patientenverfügung durch ein Tattoo.
(1) Tätowieren als Schreiben?
Beachtet werden muss, dass § 1901a BGB von einer "schriftlich festgelegt(en)" Verfügung spricht. Die Frage ist, ob eine Tätowierung als schriftlich angesehen werden kann, denn beim Tätowieren wird Tinte in die Haut "gestochen" und nicht "geschrieben". Das Stechen von einzelnen Punkten stellt kein flüssiges Handschreiben dar. Wenn man den genauen Wortlaut zugrunde legt, könnte man ein "Schreiben" in diesem Fall also ablehnen.
An dieser Stelle kann möglicherweise ein Vergleich mit der Situation beim eigenhändigen Testament nach § 2247 BGB Abhilfe schaffen. Nach § 2247 Abs. 1 BGB muss das Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Die Formanforderungen beim eigenhändigen Testament sind also deutlich strenger ausgestaltet als die Formanforderungen bei der Patientenverfügung, bei welcher nur die Unterschrift eigenhändig verfasst werden muss. Sowohl das eigenhändige Testament als auch die Patientenverfügung verlangen somit aber eine eigenhändige Unterschrift. Zudem stimmen grundsätzlich auch die Begründungen hinter den Schriftlichkeitsanforderungen bei beiden Normen überein. Bei der Patientenverfügung dient das Schriftformerfordernis dem Übereilungsschutz, der Klarstellungsfunktion, der Warnfunktion und der Beweisfunktion. Beim eigenhändigen Testament kommen darüberhinausgehend noch weitere Zwecke hinzu, dies lässt sich damit erklären, dass im Gegensatz zur Patientenverfügung auch der Text der Verfügung handschriftlich verfasst werden muss. Sowohl das eigenhändige Testament als auch die Patientenverfügung sind zudem auch einseitige Willenserklärungen, sodass sich beide Willenserklärungen in einem vergleichbaren Kontext bewegen. Diese Ausführungen lassen den Schluss zu, dass die Grundsätze, welche für die Schriftform des Testaments (speziell für die Unterschrift) aufgestellt wurden (beispielsweise in Gerichtsentscheidungen), auch für die Schriftform der Unterschrift bei der Patientenverfügung Relevanz beanspr...