In einer sehr wichtigen Entscheidung hat der BFH zu Abfindungen in Eheverträgen Stellung genommen (v. 1.9.2021 – II R 40/19, DStR 2022, 148, Anm. Kugelmüller-Pugh): In einem Ehevertrag zu Beginn der Ehe war für den Verzicht des wirtschaftlich schwächeren Ehepartners auf etwaige künftige, höhere Ansprüche verschiedener Natur keine Sofortabfindung, sondern für den Fall der etwaigen künftigen Scheidung der gerade erst geschlossenen Ehe eine "Bedarfsabfindung" vereinbart worden, mit Staffelung nur nach Ehedauer, zunächst nicht nach erwarteter künftiger Unterhaltsbedürftigkeit des Zahlungsempfängers.

Wie in früherer Rechtsprechung schon unmittelbar ergebnisrelevant entschieden wurde, hat der BFH – vom Ergebnis her nicht überraschend – hier zunächst rein zur Abgrenzung Sofortabfindungen als steuerbar eingestuft. Verzichte des Empfängers auf künftige, ungesicherte Erwartungshaltungen oder Vermögensvorteile, die nicht gegenwärtig in Geld veranschlagt werden können, stellen gem. § 7 Abs. 3 ErbStG keine Gegenleistung dar, die die durch eine substanzielle "Sofortzuwendung" zu Ehebeginn unzweifelhaft eingetretene Bereicherung gegenläufig neutralisieren könnte.

Wesentlich spannender und für die Praxis auch bedeutsamer ist der fallbezogene Kern der Entscheidung: Hier hatte die Vorinstanz noch anders judiziert (FG München v. 2.5.2018 – IV K 3181/16, EFG 2020, 796). Das Finanzgericht war zur Steuerbarkeit der späteren Zahlung gekommen und wegen Auszahlung regelmäßig nach Rechtskraft des Scheidungsurteils sogar in Steuerklasse II. Denn in diese Steuerklasse ist ein "früherer" Ehepartner eingruppiert. Die Vorinstanz hob der BFH auf und sah in einer nach sachlichen Kriterien gestaffelten Bedarfsabfindung für den künftigen, aufschiebend bedingten (und vermutlich generell bei Eheschließung unerwünschten!) Scheidungsfall keine freigebige Zuwendung. Die Praxis wird in Zukunft noch damit umzugehen haben, wie eine Bedarfsabfindung im Einzelfall zu formulieren ist, damit die insoweit noch begrenzt offen formulierten Kriterien des BFH für eine Nichtsteuerbarkeit erfüllt werden. Angemessen wird sicher eine Unterscheidung nach der Ehedauer sein, ggf. nach ehelichen Nachteilen, der Zahl und dem Alter gemeinsamer und (auch schutzbedürftiger!) einseitiger Kinder, Einkommens- und Vermögensentwicklung beider Eheleute etc. Die Liste der Kriterien lässt sich verlängern.

Der BFH-Entscheid ist kein Freibrief für jede künftig aufschiebend bedingt vereinbarte Abfindung, erleichtert aber doch der Praxis das Vorgehen bei der Vertragsgestaltung.

Etwas unbefriedigend, vermutlich aber nach den vom BGB abweichenden Grundsätzen des § 7 ErbStG kaum anders lösbar, bleibt die Steuerbarkeit einer jeden sofort geleisteten Pauschalabfindung bei Abschluss des Ehevertrags, zumeist in zeitlicher Nähe zur Heirat. In der familienrechtlichen Praxis wird bei ausgeprägt starken Verzichten des wirtschaftlich schwächeren Ehepartners zu Beginn der Ehe zumeist eine Sofortabfindung empfohlen, um den Verzichtenden in seiner abhängigen Versorgungssituation sofort zu stärken. Dies mag auch die spätere Anerkennung eines Ehevertrags mit Blick auf etwa gerichtliche Abschluss- und Inhaltskontrolle erleichtern. Die hier mit ausgeprägter Fiktionswirkung ausgestattete Vorschrift des § 7 Abs. 3 ErbStG, dass Gegenleistungen ohne gegenwärtigen Vermögenswert in Geld die Bereicherung durch Leistung nicht mindern könnten, steht dem aber vielfach entgegen.

Zerberus meint: Das BFH-Urteil ist ein begrüßenswerter Schritt in die richtige Richtung, denn spätestens in zeitlicher Nähe bis zur Scheidung tritt eine Bereicherungsabsicht zugunsten des dann bald nur noch früheren Ehepartners in den meisten Fällen doch stark in den Hintergrund …

ZErb 5/2022, S. I

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?