Von erheblicher praktischer Bedeutung ist die umstrittene Frage der Zulässigkeit einer erstinstanzlichen einstweiligen Anordnung gem. § 49 FamFG. Ähnlich wie bereits bei der Teilentlassung wird insoweit im Kern diskutiert, ob eine vorläufige vollständige oder teilweise Aufhebung der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers von § 2227 BGB noch gedeckt sei oder ob es sich um eine Vorwegnahme respektive ein aliud gegenüber der Hauptsache handele.
Die Diskussion um die einfachrechtliche Auslegung des § 49 FamFG bzw. des § 2227 BGB wirft die Folgefrage auf, ob ein zivilprozessuales Institut den verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG vermittelten Justizgewährleistungsanspruch noch erfüllen kann, wenn die Möglichkeit eines richterlichen Eilrechtsschutzes schlechthin ausgeschlossen ist. Jedenfalls im Rahmen von Art. 19 Abs. 4 GG ist anerkannt, dass die Gewährleistung vorläufigen Rechtsschutzes zu den wesentlichen Bestandteilen der Rechtsschutzgarantie gehört, wenn den Beteiligten eines Rechtsstreits irreparable Folgen drohen können. Die Gleichstellung der Rechtswege durch die Garantie des Art. 6 Abs. 1 EMRK legt jedenfalls eine starke Angleichung des Schutzbereichniveaus von Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG nahe.
Dem Entlassungsverfahren nach § 2227 BGB ist aufgrund der unbeschränkten Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers über den Nachlass und der hohen Hürden für eine Entlassung ("gravierende Pflichtverletzung") die besondere Dringlichkeit immanent. Das Ergebnis einer verfassungskonformen Auslegung der Bestimmungen des FamFG darf demnach nicht sein, dass ein Antragsteller im Entlassungsverfahren – unabhängig von den Zulässigkeitsvoraussetzungen im Einzelfall – bei tatsächlicher Dringlichkeit keinen einstweiligen Rechtsschutz erlangen kann. Soweit eine einstweilige Anordnung nach § 49 FamFG im Entlassungsverfahren unter Verweis auf die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO i.V.m. § 2216 Abs. 1 BGB für unstatthaft gehalten wird, müsste daher die einstweilige Verfügung durch das Streitgericht einen adäquaten einstweiligen Rechtsschutz für den Antragsteller im Entlassungsverfahren darstellen.
Insoweit steht jedoch zu bedenken, dass eine Inanspruchnahme des Testamentsvollstreckers aus § 2216 Abs. 1 BGB eine andere Zielrichtung verfolgt als das Entlassungsverfahren. Während Streitgegenstand eines Rechtsstreits nach § 2216 Abs. 1 BGB eine konkrete Verwaltungsmaßnahme ist, betrifft § 2227 BGB die Amtstätigkeit des Testamentsvollstreckers insgesamt. Ist den Erben die weitere Amtstätigkeit des Testamentsvollstreckers aufgrund grober Pflichtverletzungen oder Verwaltungsunfähigkeit unzumutbar, wäre die bloße Untersagung einzelner Verwaltungsmaßnahmen völlig ungeeignet. Bestätigt wird dies dadurch, dass § 2216 Abs. 1 BGB rechtsfolgenseitig gerade nicht dazu führen darf, dass dem Testamentsvollstrecker jede Verwaltungstätigkeit untersagt wird, weil eine derartige Anordnung ausweislich § 2227 BGB dem Nachlassgericht vorbehalten ist. Richtigerweise bedarf es daher der Möglichkeit einer eigenständigen einstweiligen Anordnung durch das Nachlassgericht im Entlassungsverfahren.
Inhaltlich könnte eine einstweilige Anordnung nach § 49 FamFG namentlich darin bestehen, dem Testamentsvollstrecker als Antragsgegner einstweilen, d.h. längstens bis zu einer Entscheidung in erster Instanz, die Verwaltungsbefugnis entziehen. In einer solchen Anordnung ist auch keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache zu sehen. Dies ergibt sich schon aus der zeitlichen Begrenzung. Zudem würde durch eine derartige Anordnung lediglich der Zustand hergestellt, der im Fall einer stattgebenden erstinstanzlichen Entscheidung im Beschwerdeverfahren ohnehin kraft Gesetzes eintreten kann. Eine derartige gerichtliche Entscheidung wird schließlich auch in anderen Bereichen nicht als unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache angesehen, so etwa im Fall des Ausschlusses eines Gesellschafters gem. § 140 HGB oder bei der Entlassung des Insolvenzverwalters.
Eine einstweilige Anordnung im Entlassungsverfahren nach § 49 FamFG ist damit zulässig.