1. Methodische Vorüberlegung: Der "wichtige Grund" als Regeltatbestandsmerkmal außerordentlicher Beendigungstatbestände
Gem. § 2227 BGB kann das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker auf Antrag entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund ist nach § 2227 Hs. 2 BGB insbesondere die grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Mit dem Erfordernis eines wichtigen Grundes knüpft § 2227 BGB an ein Merkmal an, das der Gesetzgeber regelmäßig als Voraussetzung für die Beendigung einer auf Dauer angelegten Rechtsbeziehung vorsieht, so bspw. bei der außerordentlichen Kündigung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses (§ 626 BGB), der Entlassung des Insolvenzverwalters (§ 59 InsO), der Abberufung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft durch den Aufsichtsrat (§ 84 AktG), der Ausschließung des Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft nach §§ 133 Abs. 1, 140 Abs.1 HGB sowie bei der im Allgemeinen Teil des Schuldrechts verorteten außerordentlichen Kündigung nach § 314 Abs. 1 BGB. Da diese z.T. deutlich praxisrelevanteren Beendigungstatbestände in Rechtsprechung und Literatur intensiv erschlossen sind, bieten sich insoweit Vergleichsbetrachtungen an. Eine kohärente Dogmatik sollte darüber hinaus auch aus Gründen der Normenklarheit und der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung erfolgen. Soweit der Gesetzgeber auch in anderen Bereichen an das Merkmal eines wichtigen Grundes anknüpft, ist daher davon auszugehen, dass eine einheitliche Auslegung dem objektiven Willen des Gesetzgebers entspricht, soweit nicht im Einzelfall sachliche Gründe zu einer Differenzierung führen.
Wie die meisten anderen Beendigungstatbestände auch wird die Entlassung nach § 2227 BGB üblicherweise zweistufig geprüft: Es bedarf zunächst eines wichtigen Grundes "an sich", der grundsätzlich geeignet ist, den Testamentsvollstrecker aus seinem Amt zu entlassen. Liegt ein solcher vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Entlassung des Testamentsvollstreckers aus dem Amt unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen sämtlicher Beteiligten und des Nachlasses erforderlich ist (negative Fortführungsprognose). Dieses Erfordernis einer negativen Fortführungsprognose lässt sich aus dem Wort "kann" ableiten, das ein gerichtliches Ermessen begründet und damit Raum für eine Verhältnismäßigkeitsprüfung bietet.
2. "Wichtiger Grund" für die Entlassung des Testamentsvollstreckers an sich
Bei dem Merkmal des wichtigen Grundes lässt sich allgemein zwischen wichtigen Gründen aus der Sphäre des Geschäftsführers bzw. Organwalters und wichtigen Gründen aus der Sphäre des Geschäftsherrn unterscheiden. Gründe aus der Sphäre des Organwalters können verhaltensbedingt oder personenbedingt sein. Letztere Differenzierung wird durch § 2227 Hs. 2 BGB ebenfalls widergespiegelt: Während die grobe Pflichtverletzung verhaltensbezogen ist, bezieht sich die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung auf die Person des Testamentsvollstreckers und setzt damit gerade kein vorwerfbares Verhalten voraus.
a. Verhaltensbedingte Gründe in Gestalt einer groben Pflichtverletzung
§ 2227 Hs. 2 Var. 1 BGB erfordert eine Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers, also eine Zuwiderhandlung gegen eine ihm obliegende Amtspflicht. Die Zuwiderhandlung muss grob, d.h. von einigem Gewicht und schuldhaft begangen worden sein.
Ist der Testamentsvollstrecker Organmitglied einer Gesellschaft des Nachlasses, kann er sich dabei nicht auf die Business Judgement Rule berufen. Zwar befindet sich der Testamentsvollstrecker insoweit in einer Doppelrolle, als er dem Nachlass – einschließlich zum Nachlass gehöriger Unternehmensbeteiligungen – als Fremdverwalter und der Gesellschaft als Organ vorsteht. Allerdings überlagern die §§ 2216 Abs. 1, 2219, 2227 BGB das gesellschaftsrechtliche Haftungs- und Verantwortlichkeitsregime. Der Testamentsvollstrecker soll gerade keine riskanten unternehmerischen Entscheidungen treffen, sondern ist gem. § 2216 Abs. 1 BGB zur ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichtet.
Gründe, die grundsätzlich geeignet sein können, einen Entlassungsgrund nach § 2227 BGB zu begründen, sind insbesondere die Verletzung der kraft Verfügung von To...