Die Inanspruchnahme des Instanzenzugs kann die Dauer der Testamentsvollstreckung zumindest bei einer Abwicklungsvollstreckung in großen Teilen ausschöpfen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist daher der Rechtszustand während des Entlassungsverfahrens von besonderer Bedeutung. Hierbei wird zunächst die Beschwerdeinstanz (1.) und sodann das Verfahren in erster Instanz (2.) betrachtet.
1. Rechtszustand bei einer Beschwerde des Testamentsvollstreckers gegen eine stattgebende erstinstanzliche Entscheidung
Der Beschluss, durch den der Testamentsvollstrecker entlassen wird, kann nach § 58 ff. FamFG mit der Beschwerde zum OLG (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG) angegriffen werden. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Der Entlassungsbeschluss ist nach § 40 Abs. 1 FamFG sofort wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch durch eine einstweilige Anordnung nach § 64 Abs. 3 FamFG die Vollziehung des erstinstanzlichen Beschlusses aussetzen mit der Folge, dass der Testamentsvollstrecker einstweilen wieder handeln kann. Aufgrund des vom allgemeinen Rechtsmittelrecht abweichenden Regel-Ausnahme-Verhältnisses sind die Anforderungen an den Erlass einer einstweiligen Anordnung entsprechend hoch. Das Beschwerdegericht hat die Erfolgsaussichten der Beschwerde im Rahmen einer summarischen Prüfung zu berücksichtigen. Bei einem offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens findet eine reine Folgenabwägung statt. Die einstweilige Anordnung ist zu erlassen, wenn dem Beschwerdeführer durch die unmittelbar bevorstehende Vollziehung des Beschlusses irreparable Nachteile von erheblichem Gewicht drohen. Ähnlich wie bei Sorgerechtsstreitigkeiten wird man dabei in der Folgenabwägung berücksichtigen müssen, dass die Entlassung des Testamentsvollstreckers aus dem Amt primär keine Sanktion darstellt, sondern zukunftsbezogen den Interessen des Nachlasses dient. Den Grundrechten des Testamentsvollstreckers kommt daher lediglich eine geringe Bedeutung zu.
2. Zulässigkeit einstweiligen Rechtsschutzes in erster Instanz?
Von erheblicher praktischer Bedeutung ist die umstrittene Frage der Zulässigkeit einer erstinstanzlichen einstweiligen Anordnung gem. § 49 FamFG. Ähnlich wie bereits bei der Teilentlassung wird insoweit im Kern diskutiert, ob eine vorläufige vollständige oder teilweise Aufhebung der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers von § 2227 BGB noch gedeckt sei oder ob es sich um eine Vorwegnahme respektive ein aliud gegenüber der Hauptsache handele.
Die Diskussion um die einfachrechtliche Auslegung des § 49 FamFG bzw. des § 2227 BGB wirft die Folgefrage auf, ob ein zivilprozessuales Institut den verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG vermittelten Justizgewährleistungsanspruch noch erfüllen kann, wenn die Möglichkeit eines richterlichen Eilrechtsschutzes schlechthin ausgeschlossen ist. Jedenfalls im Rahmen von Art. 19 Abs. 4 GG ist anerkannt, dass die Gewährleistung vorläufigen Rechtsschutzes zu den wesentlichen Bestandteilen der Rechtsschutzgarantie gehört, wenn den Beteiligten eines Rechtsstreits irreparable Folgen drohen können. Die Gleichstellung der Rechtswege durch die Garantie des Art. 6 Abs. 1 EMRK legt jedenfalls eine starke Angleichung des Schutzbereichniveaus von Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG nahe.
Dem Entlassungsverfahren nach § 2227 BGB ist aufgrund der unbeschränkten Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers über den Nachlass und der hohen Hürden für eine Entlassung ("gravierende Pflichtverletzung") die besondere Dringlichkeit immanent. Das Ergebnis einer verfassungskonformen Auslegung der Bestimmungen des FamFG darf demnach nicht sein, dass ein Antragsteller im Entlassungsverfahren – unabhängig von den Zulässigkeitsvoraussetzungen im Einzelfall – bei tatsächlicher Dringlichkeit keinen einstweiligen Rechtsschutz erlangen kann. Soweit eine einstweilige Anordnung nach § 49 FamFG im Entlassungsverfahren unter Verweis auf die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO i.V.m. § 2216 Abs. 1 BGB für unstatthaft gehalten wird, müsste daher die einstweilige Verfügung durch das Streitgericht einen adäquaten einstweiligen Rechtsschutz für den Antragsteller im Entlassungsverfahren darstellen.
Insoweit steht jedoch zu bedenken, dass eine Inanspruchnahme des Testamentsvollstreckers aus § 2216 Abs. 1 BGB eine andere Zielrichtung verfolgt als das Entlassungsverfahren. Während Streitgegenstand eines Rechtsstreits nach § 2216 Abs. 1 BGB eine konkrete Verwaltungsmaßnahme ist, betrifft § 2227 BGB die Amtstätigkeit des Testamentsvollstreckers insgesamt. Ist den Erben die weitere Amtstätigkeit des Testamentsvollstreckers aufgrund grober Pflichtverletzungen oder Verwaltungsunfähigkeit unzumutbar, wäre die bloße Untersagung einzelner Verwaltungsmaßnahmen völlig ungeeignet. Bestätigt wird dies dadurch, dass § 2216 Abs. 1 BGB rechtsfolgenseitig gerade nicht dazu führen darf, dass dem Testamentsvollstrecker jede Verwaltungstätigkeit untersagt wird, weil eine derar...