Der überlebende Ehegatte kann nach der Ausschlagung gesetzlicher Erbe des verstorbenen Ehegatten werden. Denn § 1948 Abs. 1 BGB stellt ausdrücklich klar, dass derjenige, der durch Verfügung von Todes wegen als Erbe berufen ist, die Erbschaft als eingesetzter Erbe ausschlagen und als gesetzlicher Erbe annehmen kann, wenn er ohne die Verfügung als gesetzlicher Erbe berufen sein würde. Dies ist der Fall, wenn sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt haben, sodass eine Anwachsung gemäß § 2094 BGB nicht in Betracht kommt, und wenn der im gemeinschaftlichen Testament bedachte Dritte nicht als Ersatzerbe an die Stelle des ausschlagenden Ehegatten tritt. Bleibt man bei diesem Ergebnis stehen, dann kann sich die merkwürdige Konsequenz ergeben, dass zwar in Folge der Ausschlagung der überlebende Ehegatte als testamentarischer Erbe ausscheidet, jedoch als gesetzlicher Erbe wertmäßig im gleichen Umfang am Nachlass des Verstorbenen beteiligt ist. Es kann nicht verwundern, dass ein solches Ergebnis als unbefriedigend empfunden und deshalb versucht wird, es zu vermeiden. Über die rechtliche Begründung einer solchen Vermeidungsstrategie gehen allerdings die Auffassungen auseinander. Am einfachsten erscheint die Lösung, die Ausschlagung des überlebenden Ehegatten auf sein gesetzliches Erbteil zu erstrecken. Gegen einen solchen Automatismus spricht indes nicht nur der Wortlaut des Gesetzes, sondern auch seine bereits beschriebene Entstehungsgeschichte. Die im Schrifttum vertretene Meinung, die aufgrund einer extensiven Auslegung der gesetzlichen Regelung unter dem Begriff des "Zugewendeten" iSd § 2271 Abs. 2 auch den gesetzlichen Erbteil fassen will, ist folglich abzulehnen. Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass der überlebende Ehegatte auch das gesetzliche Erbe ausschlagen müsse, um seine Testierfreiheit wiederzugewinnen. Dies soll nur dann nicht gelten, wenn der gesetzliche Erbteil wesentlich kleiner ausfalle als die testamentarische Zuwendung. Wie lässt sich eine solche Auffassung mit der im Gesetz getroffenen Regelung vereinbaren, wenn man es ablehnt, die Ausschlagung des testamentarisch zugewendeten Erbes automatisch auch auf den gesetzlichen Erbteil auszudehnen? Den richtigen Ansatzpunkt bietet der durch Auslegung zu ermittelnde Wille der Testierenden. Dabei ist von folgenden Erwägungen auszugehen: Wenn sich Ehegatten durch wechselbezügliche Verfügungen gegenseitig zu Erben einsetzen, dann werden sie regelmäßig wünschen, dem anderen eine bestimmte erbrechtliche Stellung einzuräumen, ohne dabei nach dem Berufungsgrund zu unterscheiden. Man kann deshalb von der Faustregel ausgehen, dass es dem Willen jedes Ehegatten entspricht, die in der gemeinschaftlichen Planung vorgesehene erbrechtliche Stellung nur dann dem anderen einzuräumen, wenn die gemeinsam geplante Nachlassregelung auch tatsächlich umgesetzt wird. Mit einer solchen Willensrichtung scheint es unvereinbar, dass der überlebende Ehegatte als Erbe des Verstorbenen an dessen Nachlass beteiligt wird, wenn er sich nicht mehr an die gemeinsam getroffene Nachlassregelung hält. Allerdings handelt es sich – wie bereits gesagt – um eine Faustregel, die aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls durchaus widerlegt werden kann. Insoweit spielt der Wert des testamentarischen und des gesetzlichen Erbteils eine wichtige Rolle. Je mehr sich diese Werte annähern, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es dem Willen der Testierenden widerspricht, dass der Überlebende die testamentarische Erbeinsetzung ausschlägt und damit die Grundlage der gemeinschaftlichen Nachlassregelung aufkündigt, jedoch über den Umweg der gesetzlichen Erbfolge das Gleiche erhält, was nach dem Testament vorgesehen war.
Es bleiben somit noch zwei Varianten, die noch näher zu betrachten sind: Der durch Testament zugemessene Erbteil ist erheblich niedriger als der gesetzliche. Dem längstlebenden Ehegatten ist durch Testament erheblich mehr zugewendet worden, als er bei der gesetzlichen Erbfolge erhalten würde. Zunächst zu dem Fall, dass der testamentarische Erbteil erheblich hinter dem gesetzlichen zurückbleibt. In diesem Fall enthält die Erbeinsetzung zugleich auch eine teilweise Enterbung, die wohl regelmäßig nicht als wechselbezüglich gewertet werden kann und deshalb auch bestehen bleiben würde, wenn der Überlebende seine Verfügung aufhebt. Der ausschlagende Ehegatte kann deshalb nach der testamentarischen Verfügung des Verstorbenen allenfalls gesetzlicher Erbe in Höhe der im Testament genannten Erbquote werden. Damit gleicht dieser Fall dem zuvor behandelten. Die gemeinsame Nachlassregelung der Eheleute hat zum Inhalt, dass der überlebende Ehegatte nur zu der im Testament genannten Quote erben soll. Tauscht man das testamentarische Erbe gegen das wertmäßig gleiche gesetzliche Erbe, dann stünde der überlebende Ehegatte vermögensmäßig gleich. Dies widerspricht – wie ausgeführt – regelmäßig dem Willen des verstorbenen Ehegatten.
Bleibt noch zu erörtern, welche Folge...