Die gemäß §§ 517, 519, 520 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Zahlung eines Pflichtteils verurteilt, weil sie die geltend gemachte Überschuldung des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls nicht hinreichend belegt habe.
Einem Anspruch der Kläger auf ihren Pflichtteil, § 2303 BGB, steht der mangelnde Nachweis entgegen, dass der Nachlass in dem für die Berechnung des Pflichtteils maßgeblichen Zeitpunkt, §§ 2311, 2313 BGB, nicht überschuldet war. Bei Überschuldung des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls entsteht überhaupt kein Pflichtteilsanspruch (OLG Stuttgart, NJW-RR 1989, 1283). Darlegungs- und beweispflichtig für die Werthaltigkeit des Nachlasses ist der Pflichtteilsberechtigte (Palandt-Edenhofer, BGB, 67. Aufl., § 2311 Rn 2). Die Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich auch darauf, dass hinreichend substanziiert geltend gemachte Verbindlichkeiten nicht bestehen (MüKo-Lange, BGB, 4. Aufl., § 2311 Rn 10; OLG Ffm, ZEV 03, 364).
1. Entgegen den Feststellungen im angefochtenen Urteil muss die Beklagte als Erbin und Schuldnerin des Pflichtteilsanspruchs die erst im Laufe des Verfahrens geltend gemachten Darlehensverbindlichkeiten nicht belegen oder gar nachweisen, sondern lediglich hinreichend substanziiert geltend machen. Zwar war auf der Grundlage der von der Beklagten selbst aufgestellten und gegenüber dem Amtsgericht Nauen – Nachlassgericht – am 10.10.2003 verwendeten Vermögensübersicht, die sie ebenfalls zur Erfüllung des vorprozessualen Auskunftsverlangens den Klägern übermittelte, zunächst davon auszugehen, dass weitere als die darin aufgeführten Nachlassverbindlichkeiten nicht bestehen und der Nachlass nicht überschuldet ist. Diese Aufstellung ist für die Ermittlung des Werts des Nachlasses und das Entstehen des Pflichtteilsanspruchs indessen ebenso wenig wie die den Klägern vorprozessual erteilte Auskunft mit identischem Inhalt maßgeblich. Maßgebend für das Entstehen des Pflichtteilsanspruchs sind nicht die Angaben des Erben; entscheidend ist allein der objektive Bestand und Wert des Nachlasses (OLG Stuttgart, NJW-RR 1989, 1283). Die objektiv unrichtige Auskunft der Beklagten im Vorfeld der Klageerhebung führt entgegen der von den Klägern vertretenen Auffassung auch nicht zu einer Beweislastumkehr dahin, dass die Beklagte beweispflichtig für die von ihr geltend gemachte Überschuldung des Nachlasses wäre. Höchstrichterliche Rechtsprechung dazu ist nicht ersichtlich. Der Bundesgerichtshof hat zwar für den Fall der schuldhaften Verletzung der Auskunftspflicht durch den Erben die Frage aufgeworfen, ob sich die Beweislast umkehrt oder die Auskunftspflichtverletzung bei der Beweiswürdigung zugunsten der Pflichtteilsberechtigten zu würdigen ist; weil es im konkreten Fall darauf nicht ankam, hat er die Frage jedoch offen gelassen (BGHZ 7, 134, 136). Auch im Schrifttum wird eine generelle Beweislastumkehr bei Verletzung der Auskunftspflicht durch den Erben nicht befürwortet. Vielmehr soll je nach den Umständen des Einzelfalls und/oder dem Grad des Verschuldens eine Beweislastumkehr eintreten oder die Auskunftspflichtverletzung sonst bei der Beweisführung berücksichtigt werden können (Staudinger-Haas, BGB, Stand 2006, § 2317, Rn 49; Soergel-Dieckmann, BGB, 13. Aufl., § 2317, Rn 19). Da der Auskunftsanspruch der Durchsetzung des Pflichtteilsanspruchs dient und diese bei unrichtiger oder unvollständiger Auskunft durch den Erben vereitelt bzw. jedenfalls erschwert wird, ist es folgerichtig, eine schuldhafte Pflichtverletzung und eine daraus resultierende Beweisnot des Pflichtteilsberechtigten nicht noch zugunsten des pflichtwidrig handelnden Erben gänzlich unberücksichtigt zu lassen. In Fällen wie dem vorliegenden würde der Pflichtteilsberechtigte nicht nur leer ausgehen, sondern zusätzlich noch infolge der zunächst unrichtigen Auskunft unnütz aufgewendete Prozesskosten zu tragen haben. Zulasten der Beklagten geht der Senat des Weiteren von einer mindestens fahrlässigen Auskunftspflichtverletzung aus, § 276 BGB. Dass sie selbst bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht schon bei Aufstellung der Vermögensübersicht im Oktober 2003, spätestens jedoch Anfang des Jahres 2005 Kenntnis von weiteren Verbindlichkeiten des Erblassers hätte erlangen und den Pflichtteilsberechtigten mitteilen können, ist auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens nicht anzunehmen. Die von ihr zu den Akten gereichten Kontoauszüge der W. ...bank, Stichtag 31.12.2004, sind an die Anschrift gerichtet, unter der der Beklagten die Klage zugestellt worden ist. Den Zugang dieses Schreibens hat die Beklagte zu keiner Zeit in Abrede gestellt. Auch wenn das Schreiben der W. ...bank nicht sie persönlich, sondern den Erblasser als Adressaten bezeichnet, hätte es der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt der Beklagten als dessen Alleinerbin entsprochen, den Inhalt dieses Schreibens zur Kenntnis zu nehmen. Dann aber...