Leitsatz
Darlegungs- und beweispflichtig für die Werthaltigkeit des Nachlasses ist der Pflichtteilsberechtigte. Die Darlegungs- und Beweislast erstreckt sich auch darauf, dass hinreichend substanziiert geltend gemachte Verbindlichkeiten nicht bestehen.
OLG Brandenburg, Urteil vom 5. November 2008 – 13 U 111/07
Sachverhalt
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung ihres Pflichtteils in Anspruch. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage zu einem geringen Teil stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass den Klägern die geltend gemachten Ansprüche als Pflichtteil gemäß § 2303 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte als Erbin in Höhe eines Zwölftels des Nachlasses zustünden. Der Umfang des Anspruchs ergebe sich aufgrund des Nachlassverzeichnisses, das die Beklagte am 10.10.2003 erstellt habe. Danach sei von einem Nachlass in Höhe von 40.055,30 EUR auszugehen. Als Verbindlichkeiten seien lediglich Beerdigungskosten in Höhe von 2.251 EUR in Abzug zu bringen. Weitere Schulden des Erblassers in Höhe von insgesamt 245.170,35 EUR zurzeit des Erbfalls am 15.2.2003 seien nicht zu berücksichtigen. Die Beklagte habe diese weder durch entsprechende Unterlagen belegt noch seien diese durch die durchgeführte Beweisaufnahme bewiesen. Die vorliegenden Kontoauszüge zu den Kontonummern xxx und yyy wiesen lediglich Sollbuchungen in dieser Höhe zum 31.12.2004 aus. Angaben zu dem maßgeblichen Zeitpunkt Februar 2003 seien darin jedoch nicht enthalten. Auch der von der Beklagten in Bezug genommenen Schuldurkunde nebst Grundbuchbestellung zu einem am 11.10.83 aufgenommenen Darlehen über DM (83.724,05 EUR) fehle ein erkennbarer Bezug zu den vorgenannten Kontoauszügen. Dies gelte umso mehr, als sich die ausstehende Summe bis zum 18.11.2004 nahezu verdreifacht habe. Gleiches gelte für das Forderungsschreiben der H. Kreditverwaltung AG vom 24.10.2006. Entsprechende Darlehensverträge habe die Beklagte trotz mehrfacher Aufforderung und der Tatsache, dass sie ausweislich der Schuldurkunde jedenfalls zum Teil (Mit-)Darlehensnehmerin gewesen sei, nicht vorgelegt. Die Bekundung der Zeugin W. sei hinsichtlich des Bestehens einer entsprechenden Verbindlichkeit am 15.2.2003 unergiebig. Die Zeugin habe glaubhaft bekundet, zum Stand der Verbindlichkeiten im Zeitpunkt des Erbfalls keine Angaben machen zu können, da die Darlehen bis zum 17.11.2004 noch von einem anderen Kreditinstitut bearbeitet worden seien. Die geltend gemachten Zahlungsansprüche seien nicht verjährt.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin Abweisung der Klage insgesamt erstrebt. Zur Begründung macht sie geltend, bei Erteilung der Auskunft über den Nachlass Verbindlichkeiten des Erblassers von insgesamt 245.170,35 EUR übersehen zu haben. Entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanz habe sie sehr wohl durch Unterlagen belegt und durch die Beweisaufnahme durch Zeugenbeweis der Zeugin W. und Vorlage des Forderungsschreibens der H. Kreditverwaltung AG nicht nur den Bestand der Verbindlichkeiten in der geltend gemachten Höhe, sondern darüber hinaus auch ihre Haftung dafür hinreichend nachgewiesen. Aufgrund der Bekundungen der Zeugin stehe fest, dass eigene Verbindlichkeiten des Erblassers und der Beklagten bei der W. LB bestanden hätten. Im Übrigen sei insoweit Beweis durch Zeugnis des Herrn G. angetreten worden (Schriftsatz vom 27.6.2007). Dieser könne bestätigen, dass die Beklagte nach wie vor in Anspruch genommen werde. Diesem Beweisantritt sei das Gericht nicht nachgekommen. Er, der Unterzeichner, habe von einem Verkauf der Forderungen erstmals durch das Protokoll der Zeugeneinvernahme der Zeugen W. und U. erfahren. Dass die Beklagte selbst nicht mehr im Besitz der Darlehensverträge sei, könne ihr nicht zum Nachteil gereichen. Schließlich gebe es den Schuldtitel in Form der Grundschulden, für die die Beklagte als Mitverpflichtete hafte. Aus den bereits in erster Instanz übermittelten Grundbestellungsurkunden ergeben sich die Verpflichtungen, die zu zahlen seien. Insoweit bedürfe es der Vorlage eines weiteren Darlehensvertrags nicht, weil sich aus der Schuldurkunde einer öffentlichen Urkunde die Verbindlichkeit ergebe. Außerdem habe die Zeugin W. anlässlich ihrer Zeugeneinvernahme ausdrücklich bestätigt, dass das Darlehen noch bestehe. Wieso dann das Landgericht Potsdam zu der Auffassung kommen könne, dass das Darlehen nicht nachgewiesen sei, sei nicht nachvollziehbar.
Aus den Gründen
Die gemäß §§ 517, 519, 520 ZPO zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Zahlung eines Pflichtteils verurteilt, weil sie die geltend gemachte Überschuldung des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls nicht hinreichend belegt habe.
Einem Anspruch der Kläger auf ihren Pflichtteil, § 2303 BGB, steht der mangelnde Nachweis entgegen, dass der Nachlass in dem für die Berechnung des Pflichtteils...