(...) Die Ausführungen (des Landgerichts) halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) im Wesentlichen nicht stand. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass auch bei einem mehrseitigen Erbvertrag das gesetzliche Rücktrittsrecht nicht mit dem Tod eines Vertragspartners erlischt (vgl. Reimann/Bengel/J. Mayer, Testament und Erbvertrag, 5. Aufl., vor §§ 2274 ff BGB Rn 36; Staudinger/Kanzleiter, BGB, Bearbeitungsstand 2006, vor §§ 2274 Rn 21), denn § 2298 Abs. 2 Satz 2 BGB ordnet dies nur für das vertraglich vereinbarte Rücktrittsrecht an. Das Landgericht hat aber zu Unrecht angenommen, dass die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2 durch die Erblasserin "mit Rücksicht" auf die im Überlassungsvertrag übernommene Unterhaltsverpflichtung erfolgt ist.
a) Nach § 2295 BGB kann der Erblasser von einer vertragsmäßigen Verfügung zurücktreten, wenn die Verfügung mit Rücksicht auf eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Bedachten, dem Erblasser für dessen Lebenszeit wiederkehrende Leistungen zu entrichten, insbesondere Unterhalt zu gewähren, getroffen ist und die Verpflichtung vor dem Tode des Erblassers aufgehoben wird. Die Bestimmung wurde geschaffen für sogenannte "Verpfründungsverträge" und ähnliche Verträge, bei denen sich der im Erbvertrag Bedachte verpflichtet, zum Ausgleich für die vertragsmäßige Zuwendung (Erbeinsetzung oder Vermächtnis) dem Erblasser auf Lebenszeit wiederkehrende Leistungen zu erbringen (vgl. Staudinger/Kanzleiter § 2295 Rn 1). Die rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Bedachten kann in derselben Urkunde wie der Erbvertrag niedergelegt (arg. § 34 Abs. 2 BeurkG) oder gesondert abgeschlossen sein. Die Verpflichtung des Bedachten muss den oder doch einen Beweggrund für die vertragsmäßige Verfügung des Erblassers darstellen (Staudinger/Kanzleiter § 2295 Rn 2). Die Vertragsteile müssen sich einig sein über die Zweckgebundenheit der erbvertraglichen Zuwendung einerseits und der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung des Vertragspartners andererseits (Reimann/Bengel/J. Mayer § 2295 Rn 7; einschränkend MüKoBGB/Musielak 4. Aufl., § 2295 Rn 3: der Bedachte muss den Zusammenhang kennen, ihm aber nicht ausdrücklich zustimmen).
b) Hier wurden zwei gesonderte, notariell beurkundete Verträge abgeschlossen, nämlich der Praxisüberlassungsvertrag zwischen dem Ehemann der Erblasserin und dem Beteiligten zu 2, in dem sich Letzterer zur Zahlung der lebenslänglichen Unterhaltsrente an den Übergeber bzw. dessen Ehefrau verpflichtete, sowie der Erbvertrag zwischen den Ehegatten und dem Beteiligten zu 2, in dem sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben und den Beteiligten zu 2 zu Schlusserben einsetzten. Nachdem der Erbvertrag vom 20.11.1970 keine ausdrückliche Regelung dazu enthält, ob die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2 "mit Rücksicht" auf die Unterhaltsverpflichtung erfolgt, ist dies durch Auslegung zu ermitteln. Davon ist das Landgericht zutreffend ausgegangen, hat allerdings wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen. Es hat eine Verbindung zwischen der Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2 und der von ihm übernommenen Unterhaltsverpflichtung im Wesentlichen daraus hergeleitet, dass der Beteiligte zu 2 durch den Erbvertrag vom 20.11.1970 besser gestellt worden sei als durch den Erbvertrag vom 21.1.1965 und ein zufälliges zeitliches Zusammenfallen zwischen Praxisübergabe- und Erbvertrag nicht lebensnah erscheine. Zutreffend ist insoweit, dass sich die Ehegatten mit dem Erbvertrag vom 20.11.1970 im Gegensatz zu demjenigen vom 21.1.1965, der keine ausdrückliche Regelung zur Bindungswirkung enthält, nicht nur untereinander, sondern auch gegenüber dem Beteiligten zu 2 gebunden haben, ohne dass sich dieser im Erbvertrag zu einer "Gegenleistung" verpflichtet hat.
Das Landgericht hat dabei nicht hinreichend berücksichtigt, dass die vom Beteiligten zu 2 übernommene Unterhaltsverpflichtung Teil eines Austauschvertrags ist, nämlich des Vertrags über die Übertragung der Zahnarztpraxis, und die Gegenleistung für die Übertragung der Praxis durch seinen Vater darstellt. Zudem enthalten weder der Praxisüberlassungsvertrag noch der Erbvertrag einen Hinweis auf den jeweils anderen Vertrag, geschweige denn auf eine gewollte Verbindung zwischen einzelnen darin enthaltenen Regelungen, obwohl beide Verträge am selben Tag vor demselben Notar abgeschlossen wurden. Unter diesen Umständen erscheint es fernliegend, dass eine von den Vertragsparteien gewollte Verknüpfung zwischen der im Erbvertrag vereinbarten bindenden Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2 und der von ihm im Übertragungsvertrag übernommenen Unterhaltsverpflichtung auch nicht andeutungsweise Ausdruck in einem der Verträge gefunden haben soll. Die gesamten Umstände und der Inhalt der notariell beurkundeten Verträge sprechen vielmehr dafür, dass die Beteiligten bei Vertragsabschluss keinen Zusammenhang zwischen Praxisüberlassung und Erbvertrag herstellen wollten und die vom Beteiligten zu 2 übernommene Unterhaltsverpflichtung ausschließlich die Ge...