(1) Der römisch-rechtliche Grundsatz des "alteri stipulari nemo potest" als Ausgangspunkt
Das BGB setzt in § 311 Abs. 1/§ 305 BGB aF für das Bestehen eines Schuldverhältnisses grundsätzlich einen Vertrag zwischen den Beteiligten voraus, ermöglicht aber als Ausnahme von diesem Grundsatz in § 328 Abs. 1, dass durch Vertrag einem Dritten, der selbst nicht Vertragspartner ist, eine Leistung mit der Wirkung versprochen wird, dass dieser unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.
Das klassische römische Recht folgte dagegen dem Grundsatz "alteri stipulari nemo potest" (niemand kann sich etwas für einen anderen – lies: zugunsten eines Dritten – versprechen lassen) und kannte daher Verträge zugunsten Dritter als solche nicht. Für seine gemeinrechtlich rezipierte Form war jedoch das pactum in favorem tertii anerkannt, der Vertrag auf Leistung an einen Dritten, bei dem der Versprechensempfänger nicht als Stellvertreter des Dritten, sondern in eigenem Namen kontrahiert, aber dennoch dem Dritten ein eigenes Forderungsrecht gegen den Versprechenden eingeräumt wird.
(2) Das französische Recht
Das französische Recht hält noch an der Regel des römischen Rechts fest und lässt demzufolge nur in bestimmten Ausnahmefällen das Versprechen der Leistung an einen Dritten zu, das aber bis zur Annahme (Akzeptation) durch den Dritten widerrufen werden kann. Nach Art. 1121 S. 1 des franz. Code civil v. 1804 ist eine Stipulation zugunsten eines Dritten zulässig: ›On peut ... stipuler au profit d‘un tiers, lorsque telle est la condition d‘une stipulation que l‘on fait pour soi-même ou d‘une donation que l‘on fait à un autre‹. Dies wird für den Versprechensempfänger unwiderruflich, ›si le tiers a déclaré vouloir en profiter‹ (S. 2 leg. cit.). Von dieser Grundlage ausgehend, hat die Rechtsprechung allerdings insbesondere für den wichtigen Fall der Lebensversicherung Regeln entwickeln müssen, dabei aber den Grundsatz des S. 2 leg. cit. streng durchgeführt. Auch das franz. Versicherungsgesetz (Code des assurances) aus dem Jahre 1930 lässt zwar in Art. L 132-8 die Ersetzung des ursprünglich Begünstigten durch einen anderen zu, jedoch nur, solange der ursprünglich Begünstigte noch nicht die "Annahme" erklärt hat.
(3) Das schweizerische Recht
Auch das schweizerische Recht sieht die "Annahme" durch den Dritten vor und bestimmt, dass der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden kann, sobald der begünstigte Dritte dem Schuldner erklärt hat, von seinem Recht Gebrauch machen zu wollen (Art. 112 Abs. 3 des schweiz. OR). Allerdings wird dieser Grundsatz oft dadurch eingeschränkt, dass für den praktisch besonders wichtigen Fall, dass die Leistung an den Dritten erst nach dem Tode des Versprechensempfängers zu erbringen ist...