Die Lebensversicherung ist eine besonders wichtige Erscheinung des Vertrags zugunsten Dritter im modernen Rechtsleben. Versicherung bedeutet im Rechtssinne ein Leistungsversprechen für den Fall, dass ein im Versicherungsvertrag vorgesehenes Ereignis während der Laufzeit des Vertrags eintritt. Da bei der Bezeichnung des Bezugsberechtigten im Ergebnis eine Zuwendung des VN an den Begünstigten vorliegt, ist der soziale oder wirtschaftliche Grund hierfür naturgemäß dem Verhältnis dieser beiden Personen zueinander zu entnehmen. Die Einräumung des Bezugsrechts ist ein Gestaltungsrecht, das durch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt wird; sie ist damit ein Verfügungsgeschäft. Anders als etwa bei Sparverträgen mit einer Bank bedarf es für das Zustandekommen des Leistungsanspruchs des Dritten keines besonderen Vertragswillens des Versicherers als des versprechenden Vertragsteils, denn der Anspruch des Dritten in Gestalt des Bezugsrechts ist typisch für Lebensversicherungsverträge (§ 159 Abs. 1 u. 2 VVG 2008/§ 166 VVG aF).
Das gilt bei der heute üblichen Form der kapitalbildenden Lebensversicherung, bei der die Versicherungssumme entweder bei vorzeitigem Tod oder bei Erreichen eines bestimmten Endalters fällig wird, jedoch nur für die Todesfall-Leistung. Bei einer derartigen abgekürzten Versicherung ist nämlich regelmäßig anzunehmen, dass der VN das Bezugsrecht für die Erlebensfall-Leistung selbst erwerben will, während lediglich die Todesfall-Leistung einem Dritten zugewendet sein soll.
Sicher ist bei Vertragsabschluss zwar, dass der Versicherer eine der beiden Leistungen wird erbringen müssen, nicht sicher aber, welche Leistung. Erlebt die versicherte Person den Ablauf des Versicherungsvertrags, so entsteht der Anspruch auf die Erlebensfall-Leistung. Verstirbt die versicherte Person während der Vertragslaufzeit, so entsteht aus dem Versicherungsvertrag der Anspruch auf die Todesfall-Leistung; der Versicherungsfall und somit die aufschiebende Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) für die Todesfall-Leistung ist dann der Tod des VN selbst. Der Tod der versicherten Person ist als solcher zwar kein zukünftiges Ereignis, dessen Eintritt ungewiss ist, und damit keine Bedingung iSd § 158 BGB; ungewiss ist aber, ob der Tod noch während der Vertragslaufzeit eintritt.
Zum echten Vertrag zugunsten Dritter iSd § 328 Abs. 1 BGB und § 330 S. 1 BGB aF wird der Lebensversicherungsvertrag dadurch qualifiziert, dass der Versicherer im Todesfall des versicherten VN zur Leistung an den Dritten verpflichtet wird und der Dritte somit ein eigenes Klagerecht erhält. Der Anspruch auf die Versicherungsleistung entsteht in diesem Fall – wie allgemein – ohne Durchgang durch das Vermögen des Versprechensempfängers (des VN) unmittelbar in der Person des begünstigten Dritten (des Bezugsberechtigten), fällt also bei einer Versicherung auf den Todesfall nicht in den Nachlass. Dies folgt insbesondere auch aus § 160 Abs. 2 S. 2 VVG 2008/§ 167 Abs. 2 S. 2 VVG aF, wonach eine Ausschlagung der Erbschaft auf eine etwaige Bezugsberechtigung des ausschlagenden Erben keinen Einfluss hat.
Dass der Dritte das Recht, die Leistung zu fordern, auch in der Lebensversicherung im Zweifel "unmittelbar" erwerben soll, war auch ausdrücklich in § 330 S. 1 BGB aF vorgesehen. Die Vorschrift wurde allerdings durch Art. 3 des VVG-ReformG auf reine Leibrentenverträge beschränkt; Lebensversicherungsverträge sind aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift nunmehr herausgefallen. Zugleich wurde die Regelung über den Bezugsrechtserwerb bei der Lebensversicherung in § 159 VVG 2008 neu geregelt, wo das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" indes nicht mehr ausdrückliche Erwähnung findet. Eine Erklärung hierfür enthält auch die Regierungsbegründung nicht. Jedoch ist davon auszugehen, dass sich gegenüber der bisherigen Rechtslage der Sache nach keine Änderung ergeben soll und lediglich etwas Selbstverständliches nicht mehr besonders erwähnt wird.