Leitsatz
Haben Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament die Schlusserbeinsetzung ihrer Kinder mit einer Pflichtteilsstrafklausel verbunden, muss den Kindern bei der Grundbuchberichtigung nach dem letztverstorbenen Elternteil die Möglichkeit eingeräumt werden, durch inhaltlich übereinstimmende, von jedem von ihnen abzugebende eidesstattliche Versicherung den Nachweis zu führen, dass keines der Kinder nach dem Tod des erstverstorbenen Elternteils den Pflichtteil verlangt hat.
OLG Hamm, Beschluss vom 8. Februar 2011 – 5 W 27/11
Sachverhalt
Im Grundbuch von N Blatt #### und Blatt ####2 sind jeweils der Diplom-Kaufmann S und zwei Schwestern des S in Erbengemeinschaft als Eigentümer eingetragen. Nach dem Tode des S haben seine Töchter, die Beteiligten zu 1. bis 3., die Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung der Erbfolge nach dem Erblasser S beantragt. Bei den Grundakten befinden sich von dem Nachlassgericht Weiden i. d. OPf. von Amts wegen übersandte beglaubigte Ablichtungen folgender drei Verfügungen von Todes wegen nebst einer beglaubigten Ablichtung des Eröffnungsprotokolls:
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Ein privatschriftliches Ehegattentestament vom 25.1.1977, in dem der Erblasser und seine Ehefrau sich gegenseitig zu Alleinerben und die Beteiligten zu 1. bis 3. – verbunden mit einer Pflichtteilsstrafklausel – zu gleichen Teilen als Schlusserben eingesetzt haben; |
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ein privatschriftliches Ehegattentestament vom 3.10.1997, in dem die Eheleute ergänzend Vermächtnisse ausgesetzt haben, und |
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ein von dem Erblasser nach dem Tod seiner Ehefrau errichtetes notarielles Testament vom 21.1.2010, in dem der Erblasser den Widerruf aller bisherigen letztwilligen Verfügungen erklärt und die Beteiligten zu 1. bis 3. zu gleichen Teilen als seine Erben eingesetzt hat. |
Mit Zwischenverfügung vom 17.12.2010 hat das Grundbuchamt den Beteiligten die Einreichung eines Erbscheins aufgegeben. Hiergegen wenden sich die Beteiligten mit ihrer Beschwerde. Sie machen geltend, dass sich die Erbfolge bereits aus den vorliegenden Testamenten in Verbindung mit dem Eröffnungsprotokoll ergebe. Außerdem tragen sie vor, dass keine von ihnen nach dem Ableben der Mutter den Pflichtteil geltend gemacht habe, und erklären ihre Bereitschaft, dieses auch an Eides statt zu versichern.
Aus den Gründen
Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff GBO zulässig, soweit die Beteiligten die Aufhebung der Zwischenverfügung vom 17.12.2010 begehren. Der weitergehende Antrag, das Grundbuchamt zur Durchführung der Grundbuchberichtigung anzuweisen, ist dagegen bereits unzulässig, weil der Senat im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht abschließend über den Eintragungsantrag zu entscheiden hat.
Die Beschwerde ist im zulässigen Umfang teilweise begründet und führt zu einer Abänderung bzw. Ergänzung der angefochtenen Zwischenverfügung, weil außer dem vom Grundbuchamt geforderten Erbschein auch die Vorlage eidesstattlicher Versicherungen der Beteiligten als Mittel zur Behebung des Eintragungshindernisses in Betracht kommt.
Für die beantragte Grundbuchberichtigung (§ 22 GBO) ist der Nachweis der Erbfolge nach dem am 24.6.2010 verstorbenen S in der Form des § 35 Abs. 1 GBO erforderlich.
Nach dieser Vorschrift ist der Nachweis der Erbfolge grundsätzlich durch einen Erbschein zu führen (§ 35 Abs. 1 S. 1 GBO). Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 GBO in der Regel, wenn anstelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden. Dabei reicht in formaler Hinsicht die Vorlage beglaubigter Abschriften aus (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 35 Rn 45; Schöner/ Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rn 786; Schaub in Bauer/von Oefele, GBO, 2. Aufl., § 35 Rn 121; Herrmann in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 6. Aufl., § 35 GBO, Rn 68). Liegt – wie hier – außer einer öffentlichen Verfügung von Todes wegen auch ein privatschriftliches Testament vor, so genügt es, wenn die Erbfolge jedenfalls auch auf der öffentlichen Verfügung von Todes wegen beruht und sich selbstständig auch aus ihr ableiten lässt (Demharter aaO, § 35 Rn 31, 37; Schaub in Bauer/von Oefele aaO, § 35 Rn 158 ff).
Im vorliegenden Fall kommt es also darauf an, ob sich die Erbfolge aus dem notariellen Testament vom 21.1.2010 ergibt. Bei den Testamenten vom 25.1.1977 und 3.10.1997 handelt es sich lediglich um privatschriftliche Testamente, durch die nach dem oben Gesagten im Grundbuchverfahren die Erbfolge nicht nachgewiesen werden kann. Das Testament vom 3.10.1997 enthält außerdem nur Vermächtnisanordnungen und ist daher für die Beurteilung der Erbfolge unerheblich.
Das notarielle Testament vom 21.1.2010 enthält eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1. bis 3. zu gleichen Teilen. Die Wirksamkeit dieser Erbeinsetzung wird aber von der Bindungswirkung des früheren privatschriftlichen Ehegattentestaments vom 25.1.1977 berührt, was auch im Grundbucheintragungsverfahren zu berücksichtigen ist (vgl. Schöner/Stöber aaO, Rn 787; He...