Leitsatz
Für die Tätigkeit eines als Nachlasspflegers bestellten Rechtsanwalts mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad ist ein Stundensatz von 110 EUR angemessen.
OLG Hamm, Beschluss vom 13. Januar 2011 – I-15 W 632/10
Sachverhalt
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung des Nachlasspflegers ist nach den §§ 58 ff FamFG zulässig. Die Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG zur Einlegung des Rechtsmittels ist gewahrt, weil der Beteiligten zu 1) der angefochtene Beschluss erst am 29.9.2010 zugestellt worden ist. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) reicht hier für die Annahme der Einlegung der Beschwerde aus, dass die Beteiligte einen "Einspruch" eingelegt hat. Denn der Rechtsmittelführer muss nicht den Begriff "Beschwerde" benutzen. Das Gericht ist verpflichtet, den Wortlaut des Erklärenden zu erfassen. Letztlich reicht jedes Schriftstück, aus dem der Wille, einen bestimmten Beschluss anzufechten und damit einer höheren Instanz zuzuführen, aus. Vorliegend hat die Beteiligte zu 1) mit der gewählten Formulierung hinreichend zum Ausdruck gebracht, sich gegen den Festsetzungsbeschluss wenden zu wollen (vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl., § 64 Rn 27).
Aus den Gründen
Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet.
Nach den §§ 1836 Abs. 1, 1915 Abs. 1 S. 2 BGB richtet sich die Höhe der Vergütung des Berufspflegers eines Nachlasses, der vermögend und nicht mittellos ist, abweichend von § 3 Abs. 1 bis 3 VBVG nach den für die zu führenden Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte (OLG Zweibrücken NJW-RR 2008, 369 = FamRZ 2008, 818; MüKoBGB/Leipold, 5. Aufl., § 1960 Rn 73). Nach Ansicht des Gesetzgebers könnten die Regelsätze des VBVG nämlich zu einer unangemessen niedrigen Vergütung des Nachlasspflegers führen (vgl. Leipold aaO).
Die Festsetzung der Höhe der Vergütung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts bzw. des an seine Stelle tretenden Gerichts der ersten Beschwerde. Vorliegend ist in den Blick zu nehmen, dass der Beteiligte zu 2) aufgrund seiner besonderen nutzbaren Rechtskenntnisse zum berufsmäßigen Nachlasspfleger bestellt wurde, sodass er eine höhere als die gesetzlich vorgesehene Mindestvergütung verlangen kann. Das Pflegschaftsgeschäft hat allerdings nach dem Tätigkeitsnachweis keine gehobenen Schwierigkeiten verursacht. Auch hat der Umfang des Vermögens keine überdurchschnittliche Verantwortung und damit kein erhöhtes Haftungsrisiko des Beteiligten zu 2) veranlasst. Insgesamt hat die Nachlasspflegschaft daher nur einen mittleren Schwierigkeitsgrad. Dem Umfang der Erbengemeinschaft wird bei dem zu berücksichtigenden Zeitaufwand Rechnung getragen. Daher ist nach Auffassung des Senats vorliegend auch nur ein mittlerer Vergütungssatz und damit ein Stundensatz von 110,00 EUR angemessen und nicht der von dem Beteiligten zu 2) angesetzte Stundensatz von 130,00 EUR, der 20,00 EUR über dem mittleren Wert liegt.
Die Vergütung des Beteiligten zu 2) errechnet sich daher wie folgt:
Zeitaufwand: 49 Stunden zu 110,00 EUR/Std. = |
5.390,00 EUR |
52 Minuten zu 110,00 EUR/Std. = |
95,33 EUR |
Zwischensumme |
5.485,33 EUR |
zuzüglich 19 % MwSt. |
1.042,21 EUR |
Zwischensumme |
6.527,54 EUR |
Die geltend gemachten Auslagen betragen |
65,50 EUR |
Endbetrag |
6.593,04 EUR |
Die übrigen Einwände der Beteiligten zu 1) versteht der Senat nicht dahin, dass sie als Einwände gegen die Höhe der Vergütung gemeint sind. Den Einwänden gegenüber einzelnen Handlungen des Beteiligten zu 2) wäre dann entgegenzuhalten, dass im Rahmen der Überprüfung der Vergütungsabrechnung das Nachlassgericht die Grenzen beachten muss, die §§ 1837 Abs. 2, 1962 BGB für die Aufsicht über den Nachlasspfleger setzt. Danach unterliegt ein Nachlasspfleger nur einer Kontrolle im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit seines Handelns. In bloßen Zweckmäßigkeitsfragen kann das Nachlassgericht kein bestimmtes Handeln vorschreiben oder untersagen. Im Rahmen des ihm zugewiesenen Wirkungskreises handelt der Nachlasspfleger eigenverantwortlich und führt sein Amt selbstständig. Eine vom Nachlasspfleger geltend gemachte Vergütung kann das Nachlassgericht nicht deshalb kürzen, weil es die erbrachte Tätigkeit für unangebracht und ein anderes Vorgehen für zweckmäßiger gehalten hätte (vgl. OLG Zweibrücken aaO unter Hinweis auf BT-Drs. 15/2494, 19). Etwas anderes gilt nur für offensichtlich unzweckmäßige Verfahrensweisen. Dafür liegen hier keine Anhaltspunkte vor. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
Mitgeteilt von Richter am OLG Helmut Engelhardt, Hamm