Leitsatz
1. Eine Vollmacht erlischt, wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers wird.
2. Der Grundbuchvollzug eines Rechtsgeschäfts des Bevollmächtigten, der nach seiner eigenen Erklärung Alleinerbe des Vollmachtgebers geworden ist, setzt den Nachweis seiner Erbenstellung nach Maßgabe des § 35 GBO voraus.
OLG Hamm, Beschluss vom 10. Januar 2013 – I-15 W 79/12
Sachverhalt
Der Beteiligte zu 1) ist der Ehemann der im Grundbuch als Eigentümerin gebuchten Erblasserin. Diese erteilte ihm in notarieller Verhandlung vom 14.4.2011 (UR-Nr. ##/#### Notar Q in T2) eine Generalvollmacht, sie in allen Vermögensangelegenheiten zu vertreten. Die Vollmacht sollte sich auf alle Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen erstrecken, die von ihr und ihr gegenüber vorgenommen werden können, soweit eine Vertretung gesetzlich zulässig ist; sie sollte sich auch auf unentgeltliche Rechtsgeschäfte erstrecken und auch nach Eintritt ihres Todes wirksam bleiben. Die eingetragene Eigentümerin ist am 25.4.2011 verstorben. Der Beteiligte zu 1) übertrug dem Beteiligten zu 2), einem Cousin der Verstorbenen, mit notariellem Vertrag vom 23.11.2011 (UR-Nr. ###/#### Notar Q) unter Bezugnahme auf die Vollmacht vom 14.4.2011 das in den Nachlass gefallene Grundstück unentgeltlich und ließ es auf. Im Eingang der Urkunde heißt es, dass der Beteiligte zu 1) seine Ehefrau allein beerbt habe. Mit Schreiben vom 31.1.2012 übersandte der Notar die Urkunde mit dem Antrag auf Vollzug der in § 4 des notariellen Vertrags erteilten Bewilligung auf Eigentumsumschreibung. Mit Zwischenverfügung vom 13.2.2012 verlangte das Grundbuchamt einen Erbnachweis zwecks Anhörung etwaiger Miterben und zur Feststellung, ob eine Alleinerbfolge ohne Beschränkung des Beteiligten zu 1) vorliegt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde, der das Grundbuchamt nicht abhalf. Auf Nachfrage des Senats teilte der Notar mit Schreiben vom 19.12.2012 mit, Frau S habe nur das in Kopie vorgelegte privatschriftliche Testament vom 15.12.2004 errichtet, dessen Original – aus nicht näher erläuterten Gründen – nicht bei dem deutschen Nachlassgericht abgeliefert (§ 2259 Abs. 1 BGB), sondern bei einem liechtensteinischen Gericht im Hinblick auf dort belegenes Grundvermögen eingereicht worden sei. Die Testamentskopie lässt eine Einsetzung des Beteiligten zu 1) als alleinigen Erben und ein Vermächtnis zugunsten des Beteiligten zu 2) auf das eingangs genannte Grundstück erkennen.
Aus den Gründen
Die namens der Beteiligten vom Urkundsnotar (§ 15 GBO) eingelegte Beschwerde ist nach §§ 71, 73 GBO zulässig (vgl. Bauer/von Oefele/Budde, GBO, 3. Aufl., § 71 Rn 11), in der Sache aber unbegründet. Das Grundbuchamt hat nach § 20 GBO die Wirksamkeit der erklärten Auflassung und damit die materielle Befugnis desjenigen zu prüfen, der über das eingetragene Eigentum verfügt. Der Beteiligte zu 1) hat seine Erklärung in Vollmacht für die eingetragene Eigentümerin abgegeben, die indessen verstorben ist. Eine Vollmacht kann nach anerkannter Auffassung auch in der Weise erteilt werden, dass sie von dem Bevollmächtigten nach dem Tode des Vollmachtgebers ausgeübt werden kann. Diese Befugnis ist dem Beteiligten zu 1) hier durch die Vollmacht vom 14.4.2001 ausdrücklich erteilt worden. Macht der Bevollmächtigte von dieser Vollmacht nach dem Tode des Vollmachtgebers Gebrauch, so treten die Wirkungen seiner rechtsgeschäftlichen Erklärung in der Person des bzw. der Erben ein. Es handelt sich also entgegen der Darstellung in § 1 der notariellen Urkunde vom 23.11.2011 nicht etwa um eine rechtsgeschäftliche Vertretung der Verstorbenen. Gleichwohl ist für den Vollzug der Eintragung im Grundbuch im Allgemeinen ein Erbnachweis in der Form des § 35 GBO nicht zu führen, weil der bzw. die Erben durch die postmortale Vollmacht des Erblassers gebunden sind, solange diese Vollmacht nicht widerrufen wird.
Der Beteiligte zu 1) hat jedoch die beschriebene Legitimationswirkung dieser Vollmacht aufgehoben, indem er im Eingang der notariellen Urkunde vom 23.11.2011 erklärt hat, als Alleinerbe der Erblasserin berufen zu sein. Auf dieser Grundlage läuft die von dem Beteiligten zu 1) abgegebene Erklärung darauf hinaus, dass er eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung als Vertreter abgegeben hat, obwohl deren Wirkungen nur ihn selbst als den vertretenen Alleinerben betreffen können. Eine solche Form der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung ist nach Auffassung des Senats durch § 164 BGB ausgeschlossen, der eine Personenverschiedenheit zwischen dem Vertreter und dem rechtsgeschäftlich Vertretenen voraussetzt. Folglich muss eine Vollmacht durch Konfusion erlöschen, wenn der Bevollmächtigte die Vollmachtgeberin allein beerbt (ebenso OLG Stuttgart NJW 1948/1949, 627; Palandt/Weidlich, BGB, 71. Aufl., Einf. v. § 2197 Rn 12; für den Fall der Vorerbschaft: KG JFG 43, 160). Mit dem Erbfall ist der Nachlass mit dem Eigenvermögen des Erben zu einer rechtlichen Einheit verschmolzen und sind die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen Erblasser und Alleinerbe erloschen; die Ausnahmen hiervon sind ...