Aus der Rechtsprechung des BGH zum postmortalen Persönlichkeitsschutz lässt sich daher nicht ohne Weiteres der Schluss ziehen, die Daten eines Erblassers aus sozialen Netzwerken, E-Mail-Postfächern oder sonstigen Online-Accounts seien grundsätzlich nicht vererbbar, bzw. diesbezüglich sei zwischen höchstpersönlichen und beispielsweise rein geschäftlichen Daten zu differenzieren. Die Analyse wirft vielmehr die Frage auf, weshalb im Regelfall ein Erblasser, von dem allein die ideellen, also unvererblichen, persönlichkeitsbezogenen Rechte postmortal verbleiben, gegenüber seinem Erben soweit schutzbedürftig sein soll, dass die von ihm in der digitalen Welt hinterlassenen personenbezogenen Daten und Vertragsverhältnisse weitgehend unvererblich sein sollen. Beim Übergang von Accounts in sozialen Netzwerken oder sonstigen informationstechnischen Plattformen, auf denen persönliche Daten und Informationen des Nutzers vorhanden sind, sei, so ist gleichwohl zu lesen, ein uneingeschränkter Übergang auf die Erben abzulehnen. Der so ermöglichte Zugriff der Erben könne einen Eingriff in den Kernbereich privater Lebensführung des verstorbenen Nutzers darstellen und sei daher nur in engen Grenzen zu gewähren. Diese Sicht knüpft an die Rechtsprechung des BVerfG zum Schutz des höchstpersönlichen Kernbereichs privater Lebensgestaltung im Fall der heimlichen Überwachung informationstechnischer Systeme an, was die Frage der Übertragbarkeit der Argumentation auf die hier in Rede stehende Konstellation aufwirft. Andere Stimmen ziehen demgegenüber den Vergleich zur Offline-Welt und bejahen ein uneingeschränktes Zugriffsrecht des Erben auf den Account des Verstorbenen, da die Situation nicht anders sei als bei Papierbriefen, Tagebüchern, Fotoalben oder Videokassetten. Nur weil ein Trägermedium, mithin die sachenrechtliche Position, im Nachlass fehle, könne dies nicht eine vollständig andere Beurteilung rechtfertigen. Es sei kaum angängig, "analoge" und "digitale" Erben unterschiedlich zu behandeln.
Möglicherweise hat der Erblasser im Fall von persönlichen Nachrichten bzw. Mitteilungen oder Fotos, die er beispielsweise auf seinem Facebook-Profil öffentlich gepostet hat, durch diesen Akt der Öffentlichmachung seiner Person Teile seines an sich schützenswerten Persönlichkeitsrechts aus dem gesetzlichen bzw. verfassungsrechtlichen Schutzbereich herausgelöst. Wer seine Person zu Lebzeiten bewusst telemedial veröffentlicht, der wird sich im Moment des Todes wohl kaum gegen eine Kenntnisnahme seiner persönlichkeitsbezogenen Daten durch seine Erben oder auch sonstige Dritte wehren wollen. Hinzu kommt, dass eine Grenzziehung in diesem Bereich zu vielschichtigen Problemen führen kann, existieren bisher doch keine geeigneten Kriterien für die Zuordnung von Daten zur höchstpersönlichen oder rein vermögensrechtlichen Sphäre. Schließlich fordern auch praktische Bedenken eine Zugriffsmöglichkeit des Erben: Der Vorschlag, der Diensteanbieter sei zu einer Vorüberprüfung der Inhalte des betroffenen Accounts verpflichtet, ist sehr bedenklich. Wenn angeblich die höchstpersönliche Sphäre des Erblassers vor seinem Erben geschützt werden soll, dann muss dies erst recht gegenüber Dritten aus dem Bereich des Providers (Angestellte, Freelancer etc.) gelten. Dieser Gedanke zeigt die Fragwürdigkeit der Argumentation mit dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor dem Erben. Einem kommerziellen Anbieter das für Außenstehende unkontrollierbare Recht zuzuweisen, die Daten seines verstorbenen Kunden auf ihre Inhalte hin durchsuchen zu dürfen, hieße, den Bock zum Gärtner machen. Dies käme der ebenso abwegigen Forderung gleich, ein Vermieter habe die Wohnung seines verstorbenen Mieters nach höchstpersönlichen Dingen zu durchsuchen, bevor er dem Erben Zutritt gewähre.
Eine eindeutige bzw. rechtssichere Sicht auf die Problematik lässt der Diskurs an dieser Stelle nicht zu, allein die letztgenannte Position vermag aber zu überzeugen. Im Rahmen des "analogen" Nachlasses wurde bisher noch nie die Frage nach der Verletzbarkeit des Kernbereichs privater Lebensgestaltung beim Übergang auf den Erben aufgeworfen. Wird beispielsweise die Wohnung eines Verstorbenen durch seinen Erben aufgelöst, so hat er auch auf die höchstpersönlichen Dinge des Erblassers uneingeschränkten Zugriff. Bislang wurde nicht gefordert, dass beispielsweise ein besonderer Bevollmächtigter eine Aussortierung aller höchstpersönlichen Gegenstände vornehmen soll, bevor der Hausrat an den Erben übergeben wird. Warum der Schutz des Persönlichkeitsrechts nun durch die Verlagerung der Höchstpersönlichkeit in die Online-Welt eine neue Qualität erfahren soll, mag nicht recht einleuchten.
Wendet man dennoch die bisher entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht auf den digitalen Nachlass an, so begegnet jedenfalls die in der Literatur vertretene Auffassung, man müsse zur Beantwortung der Frage der Vererblichkeit von Online-Verträgen zwischen ide...