Leitsatz
Die Verjährung eines etwaigen Pflichtteilsanspruchs gegen die C., Inc., als Rechtsnachfolgerin der jüdischen Berechtigten beginnt entsprechend § 2332 Abs. 1 BGB (in der Fassung bis zum 31.12.2009) iVm § 2313 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 3 BGB mit Ablauf der Ausschlussfristen des § 30 a Abs. 1 S. 1 VermG (31.12.1992, bei beweglichen Sachen 30.6.1993) zu laufen.
BGH, Urteil vom 27. Januar 2016 – IV ZR 147/15
Sachverhalt
Der bisherige Kläger Hans Peter L. hat gegen die Beklagte Pflichtteilsansprüche geltend gemacht. Er ist Enkel des am 13.7.1941 verstorbenen Erblassers, der seine zweite Ehefrau testamentarisch zur Alleinerbin eingesetzt und seine Kinder aus erster Ehe – darunter die 1966 verstorbene Mutter des bisherigen Klägers – auf den Pflichtteil verwiesen hatte. Die zweite Ehefrau des Erblassers wurde im Konzentrationslager ermordet und mit Wirkung zum 31.12.1945 für tot erklärt. Sie hatte ihre Tochter aus einer früheren Ehe als Alleinerbin eingesetzt. Diese Tochter verstarb kinderlos im Jahr 1982.
Der Erblasser war mit einem Anteil von 78 % an der B. K. GmbH in Berlin beteiligt. Mit Bescheid vom 31.3.2011 stellte das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen fest, dass der "B. K." GmbH i.L., vertreten unter anderem durch die Beklagte, ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 1.365.865,13 EUR zuzüglich – später festgesetzter – Zinsen in Höhe von 594.151,33 EUR zusteht. Der bisherige Kläger hat mit seiner im Dezember 2013 erhobenen Klage auf dieser Grundlage von der Beklagten Zahlung des auf ihn entfallenden Pflichtteils in Höhe von 95.550,79 EUR begehrt. Die Beklagte hat die Ansprüche zurückgewiesen und unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Während des Berufungsverfahrens ist der bisherige Kläger am 23.1.2015 zwischen der mündlichen Verhandlung am 21.1.2015 und der Verkündung des die Berufung zurückweisenden Urteils des Oberlandesgerichts am 11.2.2015 verstorben. Die Prozessbevollmächtigten des bisherigen Klägers haben für ihn mit Schriftsatz vom 4.3.2015 Revision eingelegt und diese später begründet. Mit Schriftsatz vom 29.9.2015 haben sie sodann unter Vorlage eines Testaments des bisherigen Klägers vom 9.8.2008 sowie Ablichtungen von Personenstandsurkunden den Tod des bisherigen Klägers angezeigt und erklärt, die Erben und nunmehrigen Kläger führten das Verfahren fort. Die Beklagte stellt die behauptete Rechtsnachfolge auf Seiten des bisherigen Klägers in Abrede.
Aus den Gründen
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in ZOV 2015, 144 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, dem Kläger stehe ein Pflichtteilsanspruch schon deshalb nicht zu, weil die Beklagte nicht Erbin des Erblassers sei. Sie habe ihre Rechtsstellung nicht aufgrund eines Erbfalls, sondern durch gesetzliche Anordnung gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 VermG erhalten. Ebenso wenig lasse sich das klägerische Begehren durch eine analoge Anwendung anderer Vorschriften rechtfertigen. Zwar führe dies dazu, dass auch der "wahre" Berechtigte keine Ansprüche gegen die Beklagte geltend machen könne. Dies stelle indessen keine Verletzung des Eigentumsrechts des Klägers nach Art. 14 Abs. 1 GG dar. Insbesondere sei die Ausschlussfrist des § 30 a Abs. 1 S. 1 VermG eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums. Liege danach in dem Ausschluss des wahren Berechtigten schon keine Verletzung seines Eigentumsrechts, könne für das Pflichtteilsrecht nichts anderes gelten.
II. Das hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
1. Die Revision ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass sie durch die Prozessbevollmächtigte der Kläger noch für den bereits im Berufungsverfahren verstorbenen bisherigen Kläger eingelegt und begründet wurde. Zwar muss die Rechtsmittelschrift den Rechtsmittelkläger angeben (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., § 519 Rn 30 a). Dieser kann aber auch durch Auslegung ermittelt werden (Zöller, aaO). Ist – wie hier – eine Partei bereits unmittelbar vor Erlass des Berufungsurteils verstorben und war dies den mit der Revisionseinlegung betrauten Prozessbevollmächtigten zunächst nicht bekannt, so ist das Rechtsmittel, soweit nicht entgegenstehende Anhaltspunkte ersichtlich sind, dahin auszulegen, dass dieses auch für die Erben der verstorbenen Partei eingelegt ist. So liegt es hier.
Der Rechtsstreit ist ferner nicht gemäß § 239 Abs. 1 ZPO infolge des Todes des bisherigen Klägers unterbrochen, da für diesen im Zeitpunkt seines Todes eine Vertretung durch seinen zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten stattfand (§ 246 Abs. 1 ZPO). Dessen Vollmacht wurde gemäß § 86 ZPO nicht durch den Tod des bisherigen Klägers aufgehoben und umfasste nach § 81 ZPO auch die Bestellung eines Bevollmächtigten für das Revisionsverfahren (vgl. Senatsurt. v. 29.5.1951 – IV ZR 83/50, BGHZ 2, 227, 229; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 246 Rn 2).
2. Die Revision ist indessen unbegründet.
a) Es ist bereits zweifelhaft, ob die nunmehrigen Kläger die Rechtsnachfolger des bisherigen Klägers sind. Darlegungs- un...