1
Als dieser Beitrag geschrieben wurde, überschlugen sich die Meldungen über Entlassungen, Kurzarbeit und Insolvenzen als ökonomischen Folgen der Corona-Krise in Deutschland. Mandanten, die vor oder während dieser Krise unternehmerisches Vermögen unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des ErbStG durch Schenkung oder von Todes wegen erhalten haben bzw. erhalten, stellen zunehmend die Frage, welche Konsequenzen diese Entwicklungen auf ihre Erwerbe haben können. Der Beitrag versucht zumindest in diesem Bereich die größten Sorgen etwas zu reduzieren.
I. Problemaufriss
Den regelmäßigen Lesern dieser Zeitschrift muss das Begünstigungsregime für unternehmerisches Vermögen, das § 13a – § 13c, § 19a und § 28a ErbStG aufweisen, nicht erklärt werden. Im Zusammenhang mit der Corona-Krise stellen sich insoweit insbesondere die Probleme der Einhaltung der Mindestlohnsumme (§ 13a Abs. 3 ErbStG), der Aufgabe des Gewerbebetriebs (§ 13a Abs. 6 Nr. 1 ErbStG) sowie der Auflösung der Kapitalgesellschaft (§ 13a Abs. 6 Nr. 4 Satz 2 ErbStG). Gegen Ende April 2020 hatten schon mehr als 718.000 Betriebe Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit angemeldet. Die Insolvenzen betrafen zu diesem Zeitpunkt insbesondere Gastronomie und den Non-food-Einzelhandel.
1. Entlassungen und Kurzarbeit
Weist ein Unternehmen eine Ausgangslohnsumme auf und hat mehr als fünf Beschäftigte, greift die Lohnsummenregelung. Das bedeutet, dass zunächst die Ausgangslohnsumme in Form der durchschnittlichen Lohnsumme der letzten fünf, vor der Ausführung der Schenkung oder dem Anfall des Erwerbs von Todes wegen endenden Wirtschaftsjahre festzustellen ist. Der volle Verschonungsabschlag von 85 % (§ 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG) wird in diesen Fällen grundsätzlich nur dann gewährt, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschritten werden (Mindestlohnsumme).
Im Falle der Optionsverschonung von 100 % findet eine Vollverschonung nur statt, wenn diese Ausgangslohnsumme innerhalb von sieben Jahren 700 % grundsätzlich nicht unterschreitet (§ 13a Abs. 10 ErbStG).
Werden diese, hier nur grob skizzierten, Kriterien nicht eingehalten, reduziert sich der Verschonungsabschlag von 85 % bzw. 100 % anteilig in dem Verhältnis, in dem die Mindestlohnsumme unterschritten wird. Die Feststellung, ob die, je nach Wahl der Verschonungsform (Regel- oder Vollverschonung), erforderliche Mindestlohnsumme von 400 % bzw. 700 % (oder die zwischen 5 und 15 Arbeitnehmern entsprechend verminderte Mindestlohnsumme) erreicht wird, erfolgt nach Ablauf der jeweiligen Lohnsummenfrist (fünf Jahre bei der Regel-, sieben Jahre bei der Vollverschonung). Im Umfang des Unterschreitens der Mindestlohnsumme kommt es zu einer Nachsteuerfestsetzung (§ 13a Abs. 3 S. 5 ErbStG).
2. Insolvenz
Nach h.M. stellt die Insolvenz eines Unternehmens einen Verstoß gegen die Behaltensregelungen nach § 13a Abs. 6 Nr. 1 bzw. Nr. 4 ErbStG dar. Tritt innerhalb der 5-jährigen Behaltensfrist (Regelverschonung) oder der 7-jährigen Behaltensfrist (Vollverschonung) die Insolvenz des Betriebs oder der Gesellschaft ein, an der Anteile begünstigt erworben wurden, kommt es zum anteiligen rückwirkenden Wegfall des Verschonungsabschlags mit der Folge der Nachversteuerung (§ 13a Abs. 6 S. 2 ErbStG).