Grundsätzlich ist auch ein bestehender Schenkungsrückforderungsanspruch sozialhilferechtlich einzusetzen. Streitig ist lediglich, ob als Einkommen oder als Vermögen.
Nach § 529 Abs. 2 BGB hat der Beschenkte die Möglichkeit, die Herausgabe des Geschenkes zu verweigern, wenn dadurch sein eigener angemessener Unterhalt gefährdet wird. Hierzu reicht es aus, wenn die begründete Besorgnis besteht, dass der Beschenkte bei Erfüllung des Herausgabeverlangens zukünftig nicht mehr in der Lage sein wird, seinen Unterhalt selbst sicherzustellen oder seinen eigenen Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen.
Der Begriff des standesgemäßen Unterhalts ist nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH mit dem Begriff des angemessenen Unterhalts gleichzusetzen. Heranzuziehen ist deshalb die Rechtsprechung des BGH zum angemessenen Selbstbehalt bei Unterhaltsansprüchen von Eltern gegen ihre erwachsenen Kinder. Danach braucht ein Kind bisher eine spürbare und dauerhafte Absenkung seines berufs- und einkommenstypischen Unterhaltsniveaus jedenfalls dann nicht hinzunehmen, wenn es nicht unangemessenen Aufwand betreibt oder ein Leben in Luxus führt. Nach der Rechtsprechung des BGH war dem Beschenkten bisher auf jeden Fall dasjenige zu belassen, was er an Unterhalt auch gegen seine Eltern verteidigen konnte.
Definiert man die "Angemessenheit" in § 529 Abs. 2 BGB in gleicher Weise wie sie unter Berücksichtigung der 100.000-Euro-Grenze nach § 1603 Abs. 1 BGB, zu bestimmen ist, so würde wohl nahezu jeder Schenkungsrückforderungsanspruch in der Zukunft an der Einrede des § 529 Abs. 2 BGB scheitern.
Für all diejenigen, die oberhalb der 100.000-Euro-Grenze mit ihren steuerlichen Einkünften liegen, müsste nach dem Vorstehenden ein so hoher Selbstbehalt angenommen werden, um die Ungleichbehandlung der unterhaltspflichtigen Kinder auszugleichen, dass man unterhalb eines monatlichen Selbstbehaltes von rd. 5.000 EUR nie mehr zu einem Schenkungsrückforderungsanspruch käme. Vermögen würde sich zu Lasten der Allgemeinheit beim Beschenkten kumulieren. Das Ganze passt aber auch nicht zusammen mit der Rechtsprechung des BGH, dass die Kreditierungsmöglichkeiten vorrangig vor der Einhaltung des angemessenen Selbstbehaltes zu prüfen sind. Wer 5.000 EUR netto monatlich zur Verfügung hat, der dürfte wohl auch eine Kreditierungsmöglichkeit finden.
Die Diskussion mutet merkwürdig an, und dürfte sicherlich durch die Rechtsprechung zügig korrigiert werden. In der Literatur weist Hauß darauf hin, dass es zwar wunderlich anmute, einem reichlich Beschenkten ein üppiges Einkommen zu belassen, ohne dass der bedürftige Schenker einen Rückforderungsanspruch realisieren könne. Die Korrektur dieses Paradoxon obliege aber dem Gesetzgeber und nicht dem Rechtsanwender. Es sei mit den Grundsätzen der Auslegung einer Norm nicht zu vereinbaren, den Angemessenheitsmaßstab im Rahmen von § 529 Abs. 2 BGB schärfer zu formulieren, als bei § 1603 BGB. Jede andere Interpretation sei eine aus fiskalischen Gründen verständliche "Einlegung" und keine Auslegung der Norm.