In der Vergangenheit wurden im Unterhaltsrecht Abschreibungen, denen kein tatsächlicher Werteverzehr gegenüberstand, unterhaltsrechtlich korrigiert und der Abzug dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen wieder zugerechnet. Dazu gehört die sog. Ansparabschreibung nach § 7g EstG, die von Selbstständigen gerne genutzt wird, um das zu versteuernde Einkommen abzusenken:
Zitat
"[…] Der steuerpflichtige Gewinn des Veranlagungszeitraums, in dem die Ansparabschreibung vorgenommen wird, vermindert sich um die Rücklage für die beabsichtigte Investition. Dadurch sinkt die für diesen Veranlagungszeitraum zu entrichtende Einkommensteuer. Wird die Investition später mit der Folge getätigt, dass darauf Abschreibungen vorgenommen werden, ist die Rücklage nach Maßgabe des § 7g Abs. 4 S. 1 EStG gewinnerhöhend aufzulösen. Unterbleibt die Investition, ist die gebildete Rücklage gemäß § 7g Abs. 4 S. 2 EStG nach zwei Jahren (bei Existenzgründern gemäß § 7g Abs. 7 Nr. 3 EStG nach fünf Jahren) gewinnerhöhend aufzulösen mit der Folge, dass sich der Gewinn nicht nur um den aufgelösten Rücklagenbetrag erhöht, sondern – als Ausgleich für die "fehlgeschlagene" Steuervergünstigung – um einen für jedes volle Kalenderjahr des Bestehens der Rücklage um 6 % erhöhten Betrag (§ 7g Abs. 5 EStG)."
Fraglich ist, ob diese unterhaltsrechtliche Hinzurechnung auch weiterhin vorgenommen werden darf. Dies ist unterhaltsrechtlich m.E. differenziert zu betrachten, denn die Konsequenzen können sehr unterschiedlich sein. So ist es möglich, dass jemand sich unter die 100.000-Euro-Gesamteinkommensgrenze bringt, in dem er Rücklagen bildet mit der Folge, dass der Elternunterhaltsanspruch kein sozialhilferechtliches Einkommen ist und nicht auf den Sozialhilfeträger übergeht.
Die später aufgelöste Rücklage findet sich dann im Jahr der Auflösung im Gesamteinkommen des Unterhaltspflichtigen wieder. Bleibt er auch nach Auflösung der Rücklage unterhalb der 100.000-Euro-Grenze, ist die Auswirkung dieser Gestaltung neutral. Überschreitet er sie, wird ggf. nur kompensiert, dass er sie 2 Jahre zuvor ansonsten überschritten hätte und ggf. in Anspruch genommen worden wäre. Hätte er sie aber 2 Jahre zuvor nicht überschritten und überschreitet sie jetzt unerwartet durch besonders hohe Einkünfte, so wird er durch die Ansparung nun ggf. eher zufällig unterhaltspflichtig. Hier scheint fraglich, ob man nicht eine rückwärtsgewendete unterhaltsrechtliche Korrektur vornehmen muss.
Dass die Gestaltung auch nur eine reine Wette auf den Todeseintritt des bedürftigen Elternteils sein kann, hat der Gesetzgeber nicht gesehen. Korrekturmöglichkeiten sind nicht möglich.
Auch bei Einkünften aus Vermietung werden die steuerrechtlich ermittelten Einkünfte unterhaltsrechtlich korrigiert, indem man die Afa (Abschreibung für Abnutzung) nicht als einkommensmindernden Faktor berücksichtigt, sondern den Einkünften aus Vermietung wieder zurechnet. Damit kommt man unterhaltsrechtlich zu höheren Einkünften als steuerrechtlich. Wenn vom Unterhaltspflichtigen trotz der unterhaltsrechtlichen Hinzurechnung der Afa gleichwohl negative Einkünfte (Verluste) aus der Vermietung erwirtschaftet werden, so werden solche Verluste unterhaltsrechtlich in der Regel nicht berücksichtigt. Bei einem "Null-Einkommen" ist unterhaltsrechtlich in der Regel Schluss. Fraglich ist, ob und ggf. wie die unterhaltsrechtliche Korrektur steuerrechtlicher Positionen im Elternunterhalt nach der Neuregelung durch das Angehörigenentlastungsgesetz jetzt noch Berücksichtigung finden kann.
Meines Erachtens muss eine unterhaltsrechtliche Korrektur im Elternunterhalt zukünftig unterbleiben.
Die Afa, wie die Verluste aus Vermietung, werden bei der steuerlichen Ermittlung der 100.000-Euro-Gesamteinkommensgrenze nach dem Willen des Gesetzgebers berücksichtigt und anerkannt. Soweit das Einkommen steuerrechtlich oberhalb der 100.000-Euro-Gesamteinkommensgrenze angesiedelt ist, darf keine zusätzliche unterhaltsrechtliche Zurechnung steuerrechtlicher Positionen wie die Gebäudeabschreibung mehr erfolgen, denn das würde den gesetzgeberischen Berechnungsmodus konterkarieren.
Abgesehen davon würde der Elternunterhalt immer mehr nur Excel-Tabellen-Rechnerei verkommen, denn man müsste dann natürlich auch die anfallende Steuer abstrakt neu berechnen. Der Aufwand lässt sich neben allen anderen Einwendungen gegen das Angehörigenentlastungsgesetz nicht wirklich rechtfertigen. Einen wirklich tragenden Grund gibt es dafür aber nicht;