Die Prüfung jedes sozialhilferechtlichen Anspruchs nach SGB XII eines Elternteils erfolgt immer nach den Prüfungspunkten
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sozialhilferechtlicher Bedarf, |
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sozialhilferechtliche Bedürftigkeit und |
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Realisierung der Leistungspflichten Dritter. |
Eltern müssen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung ihre eigenen Mittel – nämlich Einkommen und Vermögen – vorrangig selbst zur Bedarfsdeckung einsetzen. Daran ändert sich nichts. Für die Einsatzpflichten des Einkommens und Vermögens des jeweils anderen Elternteils ändert sich im SGB XII durch das neue Angehörigenentlastungsgesetz ebenfalls nichts.
1. Was bleibt dem Daheimgebliebenen?
Sofern Eltern nicht dauernd getrennt leben, leben sie sozialhilferechtlich nämlich in der sogenannten Einsatzgemeinschaft. (§ 19 Abs. 1 i.V.m. § 27 Abs. 2 SGB XII; § 19 Abs. 2 i.V.m. § 43 Abs. 1 S. 2 SGB XII; § 19 Abs. 3 SGB XII). Die Regeln der Einsatzgemeinschaft verdrängen die Regeln des ehelichen Güter- und Unterhaltsrechtes. Auf die Frage "Was bleibt dem Daheimgebliebenen?" gibt das neue Recht im Wesentlichen keine neuen Antworten. Allerdings wurde der bisherige § 92a SGB XII, mit dem die Kostenbeteiligung des daheimgebliebenen Ehegatten bei stationärer Unterbringung des anderen Ehegatten berechnet wurde, durch § 92 SGB XII neu geregelt.
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Schenkungsrückforderungsansprüchen oder |
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Ansprüchen aus Zuwendungsverträgen (z.B. aus einem Nießbrauchsrecht) |
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Erlass von Forderungen/Verzicht aus Rechten |
führen nach wie vor dazu, dass der Bedürftige und die Mitglieder seiner Einsatzgemeinschaft diese Ansprüche vorrangig vor Sozialhilfeleistungen einsetzen müssen.
Es bleibt auch weiterhin dabei, dass eigenes Vermögen der Eltern nach den Regeln des § 90 SGB XII von den Eltern einzusetzen ist. Eine von einem Elternteil selbstbewohnte Immobilie ist deshalb nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII z.B. nur dann Schonvermögen, wenn es die Anforderungen an die Angemessenheit der Immobilie erfüllt. Eine zu große Immobilie muss "versilbert" und der Verkaufserlös eingesetzt werden. Maximal kann auf die Veräußerung verzichtet und unter engen Voraussetzungen auf ein Darlehen nach § 91 SGB XII ausgewichen werden.
Die Pflegebedürftigkeit von Eltern wird deshalb auch zukünftig kein Vollrisiko der Gesellschaft, bzw. der Allgemeinheit werden. Kinder können mit einem Vermögenserhalt auch in der Zukunft nicht rechnen. Lebzeitig geschontes Vermögen (§ 90 SGB XII) unterfällt nach dem Tod des Bedürftigen auch weiterhin bei SGB XII – Leistungen der sozialhilferechtlichen Erbenhaftung (§ 102 SGB XII). Nur im SGB IX gelten jetzt andere Einkommensanrechnungsvorschriften und ein erweiterter Schonvermögensbegriff. Die Erbenhaftung für Eingliederungshilfeleistungen ist seit dem 1.1.2020 abgeschafft.
2. Ändert sich etwas beim Schenkungsrückforderungsanspruch?
Grundsätzlich ist auch ein bestehender Schenkungsrückforderungsanspruch sozialhilferechtlich einzusetzen. Streitig ist lediglich, ob als Einkommen oder als Vermögen.
Nach § 529 Abs. 2 BGB hat der Beschenkte die Möglichkeit, die Herausgabe des Geschenkes zu verweigern, wenn dadurch sein eigener angemessener Unterhalt gefährdet wird. Hierzu reicht es aus, wenn die begründete Besorgnis besteht, dass der Beschenkte bei Erfüllung des Herausgabeverlangens zukünftig nicht mehr in der Lage sein wird, seinen Unterhalt selbst sicherzustellen oder seinen eigenen Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen.
Der Begriff des standesgemäßen Unterhalts ist nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH mit dem Begriff des angemessenen Unterhalts gleichzusetzen. Heranzuziehen ist deshalb die Rechtsprechung des BGH zum angemessenen Selbstbehalt bei Unterhaltsansprüchen von Eltern gegen ihre erwachsenen Kinder. Danach braucht ein Kind bisher eine spürbare und dauerhafte Absenkung seines berufs- und einkommenstypischen Unterhaltsniveaus jedenfalls dann nicht hinzunehmen, wenn es nicht unangemessenen Aufwand betreibt oder ein Leben in Luxus führt. Nach der Rechtsprechung des BGH war dem Beschenkten bisher auf jeden Fall dasjenige zu belassen, was er an Unterhalt auch gegen seine Eltern verteidigen konnte.
Definiert man die "Angemessenheit" in § 529 Abs. 2 BGB in gleicher Weise wie sie unter Berücksichtigung der 100.000-Euro-Grenze nach § 1603 Abs. 1 BGB, zu bestimmen ist, so würde wohl nahezu jeder Schenkungsrückforderungsanspruch in der Zukunft an der Einrede des § 529 Abs. 2 BGB scheitern.
Für all diejenigen, die oberhalb der 100.000-Euro-Grenze mit ihren steuerlichen Einkünften liegen, müsste nach dem Vorstehenden ein so hoher Selbstbehalt angenommen werden, um die Ungleichbehandlung der unterhaltspflichtigen Kinder auszugleichen, dass man unterhalb eines monatlichen Selbstbehaltes von rd. 5.000 EUR nie mehr zu einem Schenkungsrückforderungsanspruch käme. Vermögen würde sich zu Lasten der Allgemeinheit beim Beschenkten kumulieren. Das Ganze passt aber auch nicht zusammen mit der Rechtsprechung des BGH, dass die Kreditierungsmöglichkeiten vorrangig vor der Einhaltung des angemessenen Selbstbehaltes zu prüfen sind. Wer 5.000 EUR netto monatlich zur Verfügung hat, der dürfte wohl auch eine Krediti...