Die Begründungsversuche für den/die rechtliche(n) Ermessensausschluss- oder einschränkung des Testamentsvollstreckers durch Erblasserinteressen sind der mutmaßliche Erblasserwille oder, "unmittelbar die Belange des Erben als maßgeblich zu betrachten, die eben durch die Testamentsvollstreckung nicht vollständig zurückgedrängt werden dürfen" – und damit sind wir wieder bei der Entscheidung BGHZ 25, 275, 279/280 angelangt, die genau das als rechtlich nicht relevant eingestuft hatte. Doch betrachten wir die Dinge im Einzelnen:
Die meisten Korrekturbemühungen im Schrifttum bemühen, wie wir exemplarisch an Reimann (Teil 1 Abschnitt II.3.) sehen konnten, den mutmaßlichen Erblasserwillen, während sich in den beiden Beschlüssen BGH und OLG Frankfurt dieser Frage nicht annehmen mussten. Indes kommen die Begründungsversuche nicht weiter, als schon Karl Holtz 1907 war (was am Verweis Reimanns auf Holtz erkennen kann): man empfindet die Rechtslage als ungerecht, hat aber Probleme, die Ausnahmen zu begründen. Die hier besprochenen Entscheidungen hatten dabei gegenüber der Literatur den Vorteil der konkreten Sachentscheidung: die Rechtsprechung musste sich nicht eingehender mit der Thematik beschäftigen und konnte es dabei belassen, für den konkreten Fall auf allgemeine Grundsätze unter Verweis auf uralte Entscheidungen des Reichsgerichts zu verweisen.
So macht es aber auch die hier in der Begründungslast stehende Literatur. Sie belässt es bei der Behauptung, dass eben dies der mutmaßliche Erblasserwille sei, weil "die Erbschaft durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung nicht völlig ihre wirtschaftlichen Sinns beraubt werden darf (RG BayZ 1922, 123; RG LZ 1918, 1268)." Aber dies – die Versorgung des Erben während der Laufzeit der Dauervollstreckung – ist nichts anderes als ein weiterer Zweck im Sinne von J. Mayer neben dem des Selbstzwecks der Dauervollstreckung, der über § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB formgültig testiert sein müsste; vgl. Abschnitt II. Dort wird auch nicht ausgeführt, was der "angemessene" Unterhalt sein soll, den der Erbe fordern dürfe, Grundsätze des Familien- oder Sozialrechts wären hier denkbar.
In der Sache versucht man die Quadratur des Kreises. Es wird vorausgesetzt, was als Ergebnis herauskommen soll. Dies widerspricht zudem eindeutig dem BGH. Das "Wohl und Interesse" des Erben ist zwar in BGHZ 25, 275, 279/280 als wichtiger Gesichtspunkt für den Testamentsvollstrecker bei der Nachlassverwaltung benannt und (an)erkannt worden. Aber der BGH hat klargemacht, dass das Verwaltungshandeln des Testamentsvollstreckers nach § 2216 Abs. 1 BGB sich auch über den Willen der Erben hinwegsetzen kann und muss. Dennoch wird versucht, Erblasserbelange als entscheidungserheblichen Teil der Pflicht nach § 2216 Abs. 1 BGB zu sehen bzw. diese Pflicht entsprechend zu korrigieren. Die sprachlichen Unschärfen sind Ausdruck dieses Dilemmas. Reimann verweist auf die Dissertation von Karl Holtz aus dem Jahre 1907, der das Ergebnis der Dauervollstreckung, dass der Testamentsvollstrecker den bedürftigen Erben im Stich lassen könne, für "unhaltbar" hielt, und dem Erben aufgrund des mutmaßlichen Erblasserwillens daher den Anspruch auf Erlösherausgabe zugestand. Auch der weitere Zweck der Dauervollstreckung im Sinne von J. Mayer stützt sich, wie wir gesehen haben, ebenfalls auf den mutmaßlichen Erblasserwillen (lassen wir dabei zunächst beiseite, dass Reimann und das übrige Schrifttum auf Entscheidungen des RG der Jahre 1918 und 1922 verweist). Eine tragfähige Begründung können uns diese Bemühungen aber letztlich nicht liefern, wie schon aus den Ausführungen unter obigen Abschnitt II. deutlich wurde. Wir können präzisieren:
Erstens: Ohne Anordnung nach § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB zur Erlösauskehr an den Erben hat der Erblasser in diesem Sinne testiert. Es gilt daher § 2216 Abs. 1 BGB, ohne dass der Erblasser diese Systematik ändern oder umgehen kann, § 2220 BGB. Diese Entscheidung des Erblassers unterliegt dem Formzwang des Erbrechts. Bei der Frage, ob ein mutmaßlicher Erblasserwille für einen weiteren Zweck der Dauervollstreckung im Widerspruch zu dieser formgültig testierten Entscheidung feststellbar ist, darf der Formzwang nicht verletzt sein: nach der Rechtsprechung muss eine Grundlage für diese Willensrichtung im Testament zu finden sein. Zwar kann hier auch die allgemeine Lebenserfahrung herangezogen werden, doch darf "kein Wille in das Testaments hineingetragen werden, der darin nicht andeutungsweise ausgedrückt ist." Die Rechtsprechung ist daher bei der Anwendung dieses Auslegungsweges zurückhaltend. Dies gilt auch hier: das Schweigen des Erblassers zu § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB ist von besonderem Gewicht, weil für die Ergänzung des Testaments mittels mutmaßlichem Erblasserwillens zunächst planwidrige Regelungslücke festgestellt werden muss – und "dabei muss aus dem Gesamtbild des Testaments selbst eine Willensrichtung des Erblassers erkennbar sein, die tatsächlich in Richtung der vorgesehenen Ergänz...