So wird die schöne und freie Hansestadt Hamburg oft genannt. Und was für eine Welt sich da öffnet … !
Mit Urteil vom 12.6.2018 (3 K 77/17, DStRE 2018, 1260) hatte das FG Hamburg sich in Aufsehen erregender Art und Weise und mit sehr überzeugenden Gründen auf die Seite der Steuerpflichtigen gestellt und der Schenkungsbesteuerung des "gemeinsamen Konsums" eine klare Absage erteilt.
Diese Entscheidung hat nun der BFH in einer jüngst veröffentlichten Revisionsentscheidung (Urteil vom 16.9.2020 – II R 24/18, DStR 2021, 796) im Ergebnis bestätigt. Zwar aus formalen Gründen und ohne sich mit den Erwägungen des FG Hamburg inhaltlich auseinanderzusetzen, aber immerhin.
Der Entscheidung lag – grob skizziert – folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Steuerpflichtige hatte zu einer mehrmonatigen Luxus-Weltreise per Schiff (die Kabine kostete rund 500.000 EUR) seine Freundin eingeladen und dieser nicht nur die Passage als solche spendiert, sondern auch den wesentlichen Teil der sonstigen aus Anlass der Reise anfallenden Kosten (Transfer, Ausflüge, Konsum an Bord, etc.) übernommen.
Das FG Hamburg sah hierin keine steuerpflichtige Schenkung, weil es zutreffend davon ausging, dass der gemeinsame Konsum nicht zu einer substantiellen Vermögensverschiebung an die potenziell Beschenkte führt und daher der Tatbestand von § 7 Abs. Nr. 1 ErbStG nicht erfüllt ist. Auch eine Schenkung im Sinne des Zivilrechts habe in der zu entscheidenden Konstellation – jedenfalls hinsichtlich der Schiffspassage als solcher – nicht vorgelegen, da der Steuerpflichtige seine Freundin lediglich auf die Reise mitgenommen hatte. Die Kabine musste er ohnehin bezahlen (unabhängig von der Zahl der Mitreisenden), ein eigenständiger Beförderungsanspruch gegenüber der Reederei wurde der Freundin nie eingeräumt, so dass ein substantieller Vermögenserwerb nicht in Betracht kam – und damit auch keine Schenkungsteuerpflicht.
Gut so, die Entscheidung war und ist dogmatisch überzeugend, das Ergebnis vollkommen zutreffend.
Dass der BFH sich mit den Erwägungen des FG inhaltlich nicht weiter auseinandergesetzt hat, ist zwar schade, ändert aber am positiven Ergebnis für die konkret Betroffenen ebenso wenig wie an der grundsätzlichen Richtigkeit der Aussage, dass in Fällen des gemeinsamen Konsums weder zivilrechtlich noch steuerrechtlich Schenkungen vorliegen können. Denn diese erfordern tatsächlich (wie gesagt) jeweils substantielle Vermögensverschiebungen vom Schenker an den/die Beschenkten.
Würde der II. Senat des BFH dies anders sehen, hätte man es sich dort sicherlich nicht nehmen lassen, hierauf im Revisionsurteil hinzuweisen. Das ist nicht geschehen. Stattdessen betont der BFH einen anderen Aspekt, den sowohl das zuständige Finanzamt als auch die erste Instanz völlig übersehen hatten:
Die Festsetzung von Schenkungsteuer erfordert stets die (auch im Steuerbescheid zu dokumentierende) Identifikation eines (einzelnen) konkreten Schenkungsvorgangs. Die Zusammenfassung mehrerer Bereicherungsvorgänge zu einer einheitlichen Zuwendung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Die individuelle Betrachtung ist, wie der entschiedene Fall sehr deutlich zeigt, insbesondere auch deshalb geboten und in der Regel unverzichtbar, weil nur auf ihrer Grundlage jeweils entschieden werden kann, ob bzw. welche Steuerbefreiungstatbestände eingreifen können. Im vorliegenden Fall drängten sich, so der BFH, vor allem für an Bord getätigte Ausgaben (jeweils!) beispielsweise die Annahme von Gelegenheitsgeschenken (§ 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG) auf.
Also: das letzte Hemd hat ohnehin keine Taschen. Wer zu Lebzeiten alles ausgibt (Böswillige würden sagen "verprasst"), der kann das tun. Und die Freude mit anderen zu teilen, ist nicht straf- (Entschuldigung!) steuerbar.
ZErb 6/2021, S. 1