1. Zeitlicher Anwendungsbereich
Eine einzige EU-GüterrechtsVO ist zunächst an der fehlenden Zustimmung einiger, insbesondere osteuropäischer Staaten zur Einbeziehung des gleichgeschlechtlichen Lebenspartners gescheitert. Deshalb beschloss der Rat der EU am 24.6.2016 zwei getrennte inhaltlich ähnliche Regelungen.
Sie sind beide aber zeitlich erst seit dem 29.1.2019 anwendbar und im Regelfall auch nicht für zuvor bestehende Ehen, sondern nur für Eheleute, die ab dem 29.1.2019 die Ehe eingehen. Es reicht aber (Art. 69 Abs. 3 EU-GüterrechtsVO) auch eine ehevertragliche Rechtswahl ab diesem Datum in einer "Altehe", was Bedeutung noch für das Steuerrecht erlangen wird.
2. Anknüpfungskriterien, Rechtswahl mit Rückwirkungsoption
Ohne Rechtswahl zum Aufenthalts- oder Staatsangehörigkeitsrecht wenigstens eines Ehepartners wird jetzt primär an den ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, erst nachrangig an die Staatsangehörigkeit angeknüpft (Art. 26 Abs. 2 EU-GüterrechtsVO). Es gelten räumliche Güterrechtseinheit ohne Sonderanknüpfungen z.B. für Immobilien und auch kein Gesamt- bzw. Rückverweis (Art. 21 EU-GüterrechtsVO).
Eine Rechtswahl ist zulässig für die Zukunft oder auf ausdrückliche Option auch für die Vergangenheit (Art. 22 Abs. 1-3 EU-GüterrechtsVO). Dabei muss das gewählte Recht nicht einmal autonom die rückwirkende Wahl des Güterstatuts oder auch innerhalb des Güterstatuts des – davon zu trennenden – Güterstandes kennen. Wie aus dem EuGH-Entscheid Kubicka bekannt, erzwingt die Unterzeichnung des internationalen, multilateralen Staatsvertrages ggf. auch die Anpassung kollisionsrechtlich anders anzuknüpfender innerstaatlicher, autonomer Bestimmungen. Ein "Veto"-Recht z.B. des Sachenrechts, gegenüber etwa dem rückwirkenden begründeten Güterstand (innerhalb eines gewählten Rechts) einer Gesamthandsgemeinschaft mit Gesamtgutsbildung ist deshalb wohl unzulässig.
Im Einzelnen ist deshalb eine "Günstigerprüfung" durchzuführen, wie eine größtmögliche Relevanz z.B. der steuerfreien Zugewinnausgleichsforderung nach § 5 ErbStG erreicht werden kann. Das kann auch für eine sog. "Altehe" bedeuten, gezielt eine Rechtswahl zum Erreichen der EU-GüterrechtsVO vorzunehmen, um über Art. 22 Abs. 3 EU-GüterrechtsVO eine Rückwirkung zu erreichen, die über Art. 15 EGBGB vielleicht nicht erreichbar gewesen wäre.
Spezifische Einschränkungen einer Rückwirkung wie in § 5 Abs. 1 S. 4 ErbStG sind zu beachten. Allerdings dürfte die Vorschrift im internationalen Verhältnis nicht anwendbar sein, weil sie die Vereinbarung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft betrifft, nicht die Wahl des deutschen Rechtes mit dann dem "automatischen" Regelgüterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Reichweite dieser Einschränkung einer Rückwirkung ehevertraglicher Vereinbarungen, jetzt in Bezug auf die neue EU-GüterrechtsVO, ist allerdings noch nicht geklärt.