Wenn die Ausgleichung gem. §§ 2050 ff. BGB angeordnet ist, führt dies im Rahmen der Erbauseinandersetzung unter Abkömmlingen zu einem Verrechnungsanspruch und im Pflichtteilsrecht zu einer Verschiebung zugunsten des ausgleichsbegünstigten Geschwisterteils.
a) Pflichtteil
Wenn der Erblasser zu seinen Lebzeiten Vermögenswerte auf Dritte überträgt, so schmälert er dadurch den späteren Nachlass. Für die Bemessung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen ist der Wert des Nachlasses zum Todeszeitpunkt des Erblassers zugrunde zu legen. Um zu verhindern, dass der Erblasser zum Nachteil der Pflichtteilsberechtigten rechtzeitig Teile seines Vermögens "beiseiteschafft", kann der Pflichtteilsberechtigte verlangen, dass die vollzogene Schenkung dem Nachlass wieder zugerechnet wird, sodass sich der Pflichtteil aus einem höheren, dem sog. fiktiven Nachlasswert, berechnet (vgl. § 2325 Abs. 1 BGB). Für den Pflichtteilsberechtigten bedeutet dies im wirtschaftlichen Ergebnis, dass die Schenkung nie erfolgt ist, sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch. Für die Höhe der Hinzurechnung bestimmt aber § 2325 Abs. 3 S. 1 BGB, dass sich der Wert der Schenkung während der Zehn-Jahres-Frist pro Jahr um 10 % mindert (Abschmelzung). Liegt die Schenkung zehn Jahre oder länger zurück, ist kein Schenkungsbetrag mehr dem Nachlass hinzuzurechnen.
Diese Abschmelzung tritt aber nur dann ein, wenn die Schenkung tatsächlich vollzogen worden und der verschenkte Gegenstand zur freien Verfügung des Beschenkten gelangt ist.
Bei Übertragung eines Grundstücks unter Vorbehaltsnießbrauch ist dies gerade nicht der Fall, weil der Beschenkte das übertragene Grundstück mit dem Nießbrauch belastet und damit gerade nicht vorbehaltlos erhält, wie es für den Beginn der Abschmelzung gem. § 2325 Abs. 3 S. 1 BGB erforderlich wäre.
Hinsichtlich der Einräumung eines dinglichen Wohnrechts soll Entsprechendes gelten, wenn dem Beschenkten keinerlei eigenständige Nutzungsmöglichkeit belassen wird. Hier legt die h.M. etwa 50 % der Gesamtwohnfläche als Grenze zugrunde sowie die Einräumung von Rückübertragungsansprüchen. Letzteres jedenfalls dann, wenn das auslösende Ereignis im Belieben des Schenkers steht (sog. Potestativbedingung). Da hier in vielen Konstellationen die Abschmelzungsregel leerlaufen wird, sind die flankierenden gegenständlichen Pflichtteilsverzichtsverträge von hoher Relevanz.
Endet der Vorbehaltsnießbrauch oder ein anderes, die Abschmelzungsfrist des § 2325 Abs. 3 S. 1 BGB hemmendes Recht des Übertragenden, beginnt die Abschmelzung zu laufen. Das heißt, die Vereinbarung der entsprechenden Rechte schließt die Abschmelzung nicht auf Dauer aus, sondern nur für den Zeitraum ihrer Gültigkeit.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Sonderregelung bei Schenkungen unter Ehegatten. Hier beginnt die Zehn-Jahres-Frist und mit ihr die Abschmelzung frühestens mit der Auflösung der Ehe durch Scheidung zu laufen (§ 2325 Abs. 3 S. 3 BGB).
Die Übergabe eines Miethauses gegen Zahlung einer Leibrente in Höhe der monatlichen Mieteinnahmen hingegen setzt den Fristablauf in Gang.
b) Pflichtteilsanrechnung
Der Pflichtteilsergänzungsberechtigte muss sich ohne zeitliche Begrenzung zuvor erhaltene Zuwendungen anrechnen lassen (§ 2327 Abs. 2 BGB). Dagegen wird der ordentliche Pflichtteil durch Vorauszuwendungen nur gemindert, wenn dies bei der Zuwendung ausdrücklich, zumindest eindeutig konkludent, angeordnet wird (§ 2315 BGB):
Zitat
Die Zuwendung ist, soweit sie unentgeltlich erfolgt, auf den Pflichtteil des Erwerbenden anzurechnen.
Zu berücksichtigen ist, dass sich eine Kombination von Pflichtteilsanrechnung und Ausgleichung unter Abkömmlingen nachteilig auswirken kann, weil der Anteil des Ehepartners beim Ausgleich vorab ausgeschieden wird und der auf den Ausgleichserbteil angerechnete Vorempfang insgesamt nur hälftig berücksichtigt wird. Dadurch tritt eine geringere Reduzierung des Pflichtteils ein, als dies bei unmittelbarer Anrechnung nur auf den Pflichtteil der Fall wäre. Wenn es das Ziel ist, die maximal pflichtteilsentlastende Wirkung zu erreichen, sollte wie folgt geregelt werden:
Zitat
Der Erwerber hat sich den Wert des unentgeltlichen Anteils der Zuwendung sowohl auf den Pflichtteil anrechnen zu lassen als auch nach §§ 2050 ff. BGB zur Ausgleichung zu bringen.
Wenn nach dem Tod des Veräußerers dessen Ehepartner erbrechtlich zu berücksichtigen ist, findet bei einer Ermittlung des Pflichtteils des Erwerbers lediglich eine Anrechnung nach § 2315 BGB statt und keine Ausgleichung nach §§ 2050, 2316 ff. BGB, wenn ansonsten ein höherer Pflichtteilsanspruch bestünde. Die Ausgleichungsanordnung ist für diesen Fall als Auflösung bedingt.
Zu beachten ist, dass diese Anrechnungsbestimmung gegenüber einem Minderjährigen nach h.M. zum Wegfall des lediglich rechtlich vorteilhaften Charakters des Rechtsgeschäfts führt, was die familiengerichtliche Genehmigung erfordert.
c) Pflichtteilsverzicht
Aus dem Genannten folgt, dass ein möglicher Pflichtteilsverzicht insbesondere wegen der hohen Werte bei Immobilien von besonder...