Aus dem Genannten folgt, dass ein möglicher Pflichtteilsverzicht insbesondere wegen der hohen Werte bei Immobilien von besonderer Bedeutung ist, um so auch langfristig ggf. die Vermögenszuordnungen sicherzustellen. Der Pflichtteilsverzicht erfordert stets einen Vertrag zwischen dem Verzichtenden und dem Erblasser.

Formulierungsbeispiel Pflichtteilsverzicht:

Zitat

… Der Verzichtende verzichtet hiermit mit Wirkung für sich und seine Abkömmlinge, auch künftige Abkömmlinge, auf das Pflichtteilsrecht am künftigen Nachlass des … , der diesen Verzicht annimmt. Dabei sind sich die Beteiligten darüber einig, dass dieser Verzicht nicht nur den Pflichtteilsanspruch, sondern auch den Pflichtteilsergänzungsanspruch sowie Ausgleichsteilansprüche als Folge unentgeltlicher lebzeitiger Zuwendungen an Dritte umfasst. Der Verzicht umfasst auch den Pflichtteilsrestanspruch bei Erb- oder Vermächtniszuwendung unterhalb der "Pflichtteilsquote". Dieser Verzicht umfasst ebenfalls die Möglichkeit, eine unter Beschwerung, wie z.B. Testamentsvollstreckung, Teilungsanordnung, Vermächtnisbelastung u.Ä., erfolgte Erbeinsetzung auszuschlagen und anstelle dessen den unbelasteten Pflichtteil in Geld zu verlangen. Unberührt durch diesen Verzicht bleibt die gesetzliche Erbfolge.

 

Beachte:

Der Pflichtteilsverzicht führt nicht zum Ausschluss des Verzichtenden von der gesetzlichen Erbfolge. Dies wäre sicher auch in vielen Fällen nicht gewollt, da sich durch den Pflichtteilsverzicht die Erbquoten der übrigen gesetzlichen Erben erhöhen würden (vgl. § 2310 S. 2 BGB für den Erbverzicht). Wenn der Pflichtteilsverzicht gegen Zahlung einer Abfindung erklärt wird, wird der Verfügungsvertrag in der Regel auf Auszahlung der Abfindung aufschiebend bedingt. Um Ansprüche aus § 313 BGB für die Zukunft auszuschließen, empfiehlt sich folgende Formulierung in den Vertrag aufzunehmen:

Zitat

Diese Vereinbarung über eine Abfindung für die Pflichtteilsverzichtserklärung ist in ihrer Art, Höhe und Fälligkeit unabhängig vom derzeitigen Bestand und Wert des Vermögens wie auch vom Wert des künftigen Nachlasses des Erblassers. Eine Anfechtung, Anpassung wegen Irrtums oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist deshalb ausgeschlossen.

Zu beachten ist auch, dass ein Pflichtteilsverzicht zu Lebzeiten des Erblassers in vielen Rechtsordnungen[31] nicht zulässig ist. Da mit Inkrafttreten der Europäischen Erbrechts VO[32] in internationalen Erbfällen das Erbrecht des Staates angewendet wird, in welchem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte, besteht ein Risiko bezüglich der Wirksamkeit der Klausel, wenn der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland nimmt.[33] Dieses Risiko kann durch eine Rechtswahl abgemildert werden.

Formulierungsbeispiel Rechtswahl des Erblassers:

Zitat

Ich wähle hiermit für die Zulässigkeit und materielle Wirksamkeit meiner Verfügung von Todes wegen und die Rechtsnachfolge von Todes wegen das deutsche Recht. Mein gesamter Nachlass soll nach den Regelungen des deutschen Rechts vererbt werden. Diese Rechtswahl hat auch dann weiter Gültigkeit, wenn ich meinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt dauerhaft ins Ausland verlegen sollte.

[31] Insbesondere Belgien, Großbritannien, Frankreich, Griechenland, Irland, Israel, Italien, Luxemburg, Portugal, Spanien.
[32] VO (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.7.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung des Europäischen Nachlasszeugnisses, ABl EU Nr. L 201, 107 ff v. 27.7.2021.
[33] Vgl. Weber, Notar 2015, 296, 305.

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