Stiftungen in Deutschland haben im Regelfall einen gemeinnützigen Status, mit dem weitreichende Steuervergünstigungen einhergehen, da sie selbstlos, ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke i.S.d. §§ 52–54 AO fördern. So sind über 90 % der rechtsfähigen Stiftungen in Deutschland gemeinnützig strukturiert; die übrigen Stiftungen sind privatnützige Stiftungen (fast ausschließlich Familienstiftungen) und Stiftungen mit gemischten Zwecken, die in der Praxis eher die Ausnahme sind.
I. Gemeinnützigkeitsrecht
Das Gemeinnützigkeitsrecht setzt sich zusammen aus den §§ 51–68 AO (Allgemeiner Teil) mit den allgemeinen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit und den Steuervergünstigungen in den Einzelsteuergesetzen (Besonderer Teil), die an die §§ 51–68 AO anknüpfen (insb. KStG, EStG, GewStG, UStG, ErbStG, GrEStG). Ohne Einhaltung der allgemeinen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit werden die Steuervergünstigungen in den Einzelsteuergesetzen nicht gewährt (z.B. persönliche oder sachliche Steuerbefreiung, Steuersatzermäßigungen, Sonderausgabenabzug bei Spenden). Das Gemeinnützigkeitsrecht gilt nicht nur für Stiftungen, sondern für sämtliche Körperschaften i.S.d. KStG, d.h. für Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (§ 52 Abs. 1 S. 2 AO), wozu auch rechtsfähige und nichtrechtsfähige Stiftungen zählen. Vereinzelt enthält das Gemeinnützigkeitsrecht allerdings Regelungen, die speziell auf Stiftungen zugeschnitten sind (§ 58 Nr. 6, § 62 Abs. 4 AO, § 10b Abs. 1a EStG, § 9 Nr. 5 GewStG, § 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Insoweit erfahren Stiftungen eine gewisse Sonderbehandlung durch das Gemeinnützigkeitsrecht.
II. Status der Gemeinnützigkeit
Grundvoraussetzung für die Erlangung des gemeinnützigen und damit steuerbegünstigten Status ist, dass die Stiftung steuerbegünstigte Zwecke fördert. Der Begriff der steuerbegünstigten Zwecke umfasst nach § 51 AO gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke. Die steuerbegünstigten Zwecke sind in den §§ 52–54 AO näher behandelt. Für den Status der Gemeinnützigkeit einer Stiftung ist die Satzungsmäßigkeit entscheidend. Denn nach § 59 AO wird einer Stiftung dieser Status nur gewährt, wenn sich aus der Stiftungssatzung ergibt, welchen Zweck die Stiftung verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52–54 AO entspricht und dass er selbstlos, ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird (formelle Satzungsmäßigkeit); die tatsächliche Geschäftsführung muss darüber hinaus diesen Satzungsbestimmungen entsprechen (materielle Satzungsmäßigkeit).
§ 60 Abs. 1 S. 1 AO schreibt vor, dass der Satzungszweck und die Art seiner Verwirklichung in der Satzung so präzise gefasst sein müssen, dass aus ihr unmittelbar entnommen werden kann, ob die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit gegeben sind. Die bloße Bezugnahme auf Satzungen oder andere Regelungen Dritter genügt nicht. Außerdem muss die Satzung die Formulierungen in der steuerlichen Mustersatzung der Finanzverwaltung nach Anlage 1 zu § 60 AO, die wegen § 60 Abs. 1 S. 2 AO Gesetzeskraft hat, enthalten.
Hinweis
Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob eine Satzung die Formulierungen in der steuerlichen Mustersatzung wortgenau übernehmen muss. Die Finanzverwaltung steht wohl im Grundsatz auf dem Standpunkt, dass die Mustersatzung beim Wort genommen werden muss, während "derselbe Aufbau und dieselbe Reihenfolge der Bestimmungen wie in der Mustersatzung" nicht verlangt werden. Aus Gründen der steuerlichen Vorsicht und zur Beschleunigung des Abstimmungsprozesses mit der Finanzverwaltung, empfiehlt es sich daher, dass sich der Stifter bei der Formulierung der Stiftungssatzung möglichst weitgehend an der Mustersatzung orientiert.
Nach § 63 Abs. 1 AO muss die tatsächliche Geschäftsführung der Stiftung auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält. Den Nachweis, dass die tatsächliche Geschäftsführung den notwendigen Erfordernissen entspricht, hat die Stiftung nach § 63 Abs. 3 AO durch ordnungsmäßige Aufzeichnungen (insb. Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben, Tätigkeitsbericht, Vermögensübersicht mit Nachweisen über die Bildung und Entwicklung der Rücklagen) zu führen.