I. Grundsatz der Vermögensbindung
Im Zuge der Beendigung einer gemeinnützigen Stiftung fällt keine Steuer an, solange die Anforderungen an die Gemeinnützigkeit eingehalten werden. Eine gemeinnützige Stiftung darf ihre Mittel ausschließlich für ihre satzungsmäßigen Zwecke einsetzen. Das gilt auch im Fall ihrer Auflösung oder Aufhebung. Insoweit ist der in § 55 Abs. 1 Nr. 4, § 61 AO geregelte Grundsatz der Vermögensbindung zu beachten, der sicherstellen soll, dass das gemeinnützigkeitsrechtlich gebundene Vermögen im Gemeinnützigkeitskreislauf verbleibt und später nicht für nicht steuerbegünstigte Zwecken verwendet wird. Ein Verstoß gegen den Vermögensbindungsgrundsatz aufgrund der tatsächlichen Geschäftsführung hat erhebliche Folgen, da dieser nicht nur den Status der Gemeinnützigkeit entfallen lässt, sondern auch eine Nachversteuerung für die letzten zehn Jahre auslöst (§§ 63 Abs. 2, 61 Abs. 3 AO).
II. Umsetzung in der Stiftungssatzung
Gemeinnützigkeitsrechtlich muss die Stiftungssatzung wegen des Grundsatzes der Vermögensbindung zwingend eine Vermögensbindungsklausel enthalten. Die satzungsmäßigen Anforderungen an die Vermögensbindung sind in § 61 AO geregelt. Eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO) liegt danach vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist. Entsprechend dürfen die Mittel wiederum nur für steuerbegünstigte Zwecke verwendet werden und die Prüfung der Einhaltung dieser Vermögensbindung muss dem Finanzamt direkt durch die Satzung möglich sein.
Es bestehen gem. § 5 der steuerlichen Mustersatzung (= Anlage 1 zu § 60 AO) zwei Varianten zur Gestaltung der Vermögensbindungsklausel:
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In der Satzung kann entweder eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft konkret genannt werden, an die das Restvermögen der Stiftung auszukehren ist (Anfallsberechtigte). |
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Alternativ ist aber auch möglich, einen konkreten steuerbegünstigten Verwendungszweck anzugeben, für den eine noch nicht näher festgelegte juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft das Vermögen verwenden soll. Der steuerbegünstigte Verwendungszweck muss nicht auch durch die auskehrende Stiftung gefördert werden, d.h. es besteht kein Zweckidentitätsgebot. |
Muster
§ (..) – Vermögensanfall
Bei Auflösung oder Aufhebung der Stiftung oder bei Wegfall steuerbegünstigter Zwecke fällt das Vermögen der Stiftung an den/die/das (…) (Bezeichnung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft), der/die/das es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zu verwenden hat.
oder
an eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft zwecks Verwendung für (…) (Angabe eines bestimmten gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecks, z.B. Förderung von Wissenschaft und Forschung, Erziehung, Volks- und Berufsbildung, der Unterstützung von Personen, die im Sinne von § 53 der Abgabenordnung wegen (…) bedürftig sind, Unterhaltung des Gotteshauses in (…)).
Beide Formulierungsmöglichkeiten können auch miteinander kombiniert werden. Dies ist zulässig, wenn die Vermögensbindungsklausel sowohl einen Anfallsberechtigten als auch einen steuerbegünstigten Verwendungszweck konkret benennt.