Leitsatz
Keine Bindung des überlebenden Ehegatten an die Einsetzung gemeinsamer Bekannter als Schlusserben in einem gemeinschaftlichen Testament.
OLG München, Beschluss vom 16. April 2007 –31 Wx 108/06
Sachverhalt
I. Die kinderlose verwitwete Erblasserin ist am 21.4.2005 im Alter von 88 Jahren verstorben. Ihr Ehemann ist 1990 vorverstorben.
Die Eheleute haben am 12.8.1982 ein vom Ehemann geschriebenes, von der Erblasserin unterschriebenes gemeinschaftliches Testament errichtet, das wie folgt lautet:
Zitat
Unser letzter Wille.
Hiermit bestimmen wir, dass nach unserem Ableben Frau Eva F. (Beteiligte zu 1)... und ihr Ehemann Herr Herbert F. (Beteiligter zu 2)... die alleinigen Erben unseres Gesamtbesitzes einschl. der Sparbücher und Aktien sind.
G., am 12.8.1982
(Unterschriften)
Nach dem Tod ihres Ehemannes hat die Erblasserin ggü. dem Nachlassgericht am 2.5.1990 erklärt:
Zitat
Nachdem keine Kinder vorhanden sind, sind wir davon ausgegangen, dass wir uns gegenseitig beerben und nach unser beider Tod Erben die Bekannten, Eheleute F. werden ... Die Eheleute F. wissen von der Erbeinsetzung Bescheid; eine Kopie kann ihnen zugesandt werden.
Mit notariellem Testament vom 21.1.1997 hat die Erblasserin den SOS Kinderdorf e.V. zum alleinigen Erben eingesetzt.
Die Erblasserin war Ende Dezember 1996 in das R.-Stift gezogen. Mit Schreiben vom 7.1.1997 beantragte sie die Einrichtung einer Betreuung mit den Aufgabenkreisen Vermögenssorge, Vertretung im Rechtsverkehr mit Versicherungen, Behörden, Renten- und Sozialleistungsträgern und Wohnungsangelegenheiten mit der Begründung, sie fühle sich in Gelddingen überfordert und nicht in der Lage, die Bezahlung der Heimkosten zu regeln, das Vermögen selbstständig zu verwalten und die Wohnung alleine aufzulösen. Am 21.1.1997 erteilte sie ihrem Rechtsanwalt eine Altersvorsorgevollmacht. Die Betreuung wurde am 28.2.1997 angeordnet, nachdem psychiatrische Gutachten des Sachverständigen Dr. P. vom 23.1.1997 (aufgrund einer Untersuchung am 22.1.1997) und vom 19.2.1997 (aufgrund einer Untersuchung am 17.2.1997) eingeholt worden waren.
Die Beteiligten zu 1 und 2 haben die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Miterben zu je 1/2 ausweist. Sie halten das Testament vom 12.8.1982 für maßgeblich, weil die Erblasserin daran gebunden und zudem bei Errichtung des notariellen Testaments vom 21.1.1997 nicht mehr testierfähig gewesen sei. Das Nachlassgericht hat die Betreuungsakten beigezogen und ein Gutachten des Sachverständigen Dr. W. zur Frage der Testierfähigkeit eingeholt. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass die Erblasserin am 21.1.1997 testierfähig gewesen sei, was sich insbesondere aus dem Untersuchungsergebnis vom 22.1.1997 ergebe. Eine die freie Willensbildung beeinträchtigende geistige Erkrankung habe erst Mitte Februar 1997 eingesetzt. Mit Beschluss vom 29.3.2006 hat das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen. Das LG hat weitere Ermittlungen sowohl zur Testierfähigkeit der Erblasserin als auch zur Auslegung des Testaments von 1982 durchgeführt und mit Beschluss vom 21.11.2006 die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde.
Aus den Gründen
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:
Maßgeblich für die Erbfolge sei das Testament vom 21.1.1997. Die Schlusserbeneinsetzung der Beteiligten zu 1 und 2 stelle keine wechselbezügliche Verfügung dar und entfalte keine Bindungswirkung. Mit dem Testament vom 12.8.1982 seien die Beteiligten zu 1 und 2 ausdrücklich zu Erben eingesetzt worden. Darüber hinaus sei im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung eine gegenseitige Alleinerbeneinsetzung für den ersten Todesfall anzunehmen. Das ergebe sich aus den Angaben der Erblasserin ggü. dem Nachlassgericht am 2.5.1990. Auch der Wortlaut des Testaments bringe zum Ausdruck, dass die Testierenden zunächst die Vereinigung des gesamten Vermögens in der Hand des Überlebenden gewollt hätten.
Die übereinstimmenden Schlusserbeneinsetzungen stünden weder zueinander noch zu der gegenseitigen Alleinerbeneinsetzung im Wechselbezug. Aus der Erklärung der Erblasserin vom 2.5.1990 ergebe sich dazu nichts. Die Äußerungen der Erblasserin gegenüber Rechtsanwalt H. und im notariellen Testament ließen keinen verlässlichen Rückschluss auf den gemeinschaftlichen Willen der Ehegatten bei der Testamentserrichtung zu. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der eine Ehegatte die Schlusserben nur mit Blick auf die Schlusserbeneinsetzung durch den anderen Ehegatten eingesetzt habe. Das von den Beteiligten zu 1 und 2 beschriebene freundschaftliche Verhältnis reiche dafür nicht aus, auch nicht der Umstand, dass die Erblasser die Beteiligten zu 1 und 2 über ihre Verfügung unterrichtet und ihnen eine Kopie übergeben hätten. Es sei auch nicht anzunehmen, dass der eine Ehegatte seinen Nachlass dem anderen Ehegatten mit Blick darauf zugewendet habe, dass dieser die Beschwerdeführer zu seinen Schlusserben einge...