1. Bedeutung des BFH-Urteils
Das Bundesministerium der Finanzen hat sich nunmehr entschieden, die Entscheidung im Bundessteuerblatt zu veröffentlichen und somit die Verwaltung anzuweisen, diese Grundsätze über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die grundsätzliche Frage, ob und inwieweit Kapitalgesellschaften überhaupt als Zuwendende iSd Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts in Betracht kommen. Dies gilt umso mehr, als der Zuwendungsempfänger ja in jedem Fall der ungünstigen Steuerklasse III (§ 15 Abs. 1 ErbStG) angehören würde, und die vGA zugunsten naher Angehöriger des Gesellschafters auch unter diesem Gesichtspunkt erhebliche Gefahren bergen würde.
Denkt man das obiter dictum des BFH zur angeblichen Schenkung durch die Kapitalgesellschaft konsequent weiter, ergibt sich darüber hinaus, dass auch verdeckte Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter selbst der Schenkungsteuer zu unterwerfen sein könnten. Denn die durch den II. Senat angestellte Subsumtion (wenigstens des objektiven) Tatbestands von § 7 Abs. 1 ErbStG würde hier nicht anders verlaufen als bei einer dem Gesellschafter nahestehenden Person als Zuwendungsempfänger. In beiden Fällen ist an einer objektiven Bereicherung des Leistungsempfängers (vordergründig) auf Kosten der Kapitalgesellschaft nicht ernsthaft zu zweifeln.
Es ist daher zu untersuchen, ob eine Kapitalgesellschaft, deren Tätigkeit nach Ansicht des I. Senats des BFH grundsätzlich allein auf "eigenes Gewinnstreben" gerichtet ist, überhaupt als tauglicher Zuwendender iSd ErbStG in Betracht kommt.
2. Verdeckte Gewinnausschüttung im ertragsteuerlichen Kontext
Vor diesem Hintergrund gilt es zunächst zu klären, welche Sachverhalte nach ertragsteuerlichen Grundsätzen überhaupt als vGA zu qualifizieren sind. Dabei sind die körperschaftsteuerlichen Maßstäbe auf der einen Seite (Gesellschaftsebene) und die einkommensteuerlichen auf der anderen Seite (Gesellschafterebene) getrennt voneinander zu betrachten.
a) Gesellschaftsebene
Eine verdeckte Gewinnausschüttung iSd § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist eine bei einer Kapitalgesellschaft eintretende Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden (= offenen) Ausschüttung steht.
Im Regelfall ist eine Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn die Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.
Der unmittelbaren Zuwendung an einen Gesellschafter steht die an einen Dritten gleich, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Falls der Dritte eine einem Gesellschafter nahestehende Person ist, wertet die Rechtsprechung dies als Indiz für die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Entscheidend ist in diesem Fall, ob die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte.
b) Gesellschafterebene
Auch iSv § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG liegt eine vGA vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist die vGA aber grundsätzlich nur dann beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt. Das kann allerdings auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter bereits dann anzunehmen sein, wenn der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Das "Nahestehen" in diesem Sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein.
Die Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine nahestehende Person ist stets unabhängig davon als vGA zu...