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Mit Urteil vom 7. November 2007 hat der II. Senat des BFH entschieden, dass Zuwendungen einer Kapitalgesellschaft an einem Gesellschafter nahestehende Personen im Verhältnis Gesellschafter/nahestehende Person nicht der Schenkungsteuer unterliegen sollen; vielmehr liege im Verhältnis zwischen Gesellschaft und dem Gesellschafter nahestehender Person eine steuerpflichtige Zuwendung vor. Der entsprechende Leitsatz lautet:
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Zitat
"Zahlt eine GmbH auf Veranlassung eines Gesellschafters einer diesem nahestehenden Person überhöhte Vergütungen, liegt regelmäßig keine freigebige Zuwendung des Gesellschafters an die nahestehende Person gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor. Eine gemischte freigebige Zuwendung kann jedoch im Verhältnis der GmbH zur nahestehenden Person gegeben sein."
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Auf den ersten Blick ein für den Gesellschafter sehr befriedigendes Ergebnis. Auf den zweiten jedoch nicht nur eine Abkehr von der bisherigen Verwaltungspraxis, sondern auch ein Pyrrhus-Sieg für alle (nicht nur die übrigen) Beteiligten. Denn unabhängig von der schenkungsteuerlichen Würdigung sind sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch des Gesellschafters die (üblichen) ertragsteuerlichen Konsequenzen der verdeckten Gewinnausschüttung zu ziehen. Grund genug, die Entscheidung einmal im Detail unter die Lupe zu nehmen.
I. Zum Sachverhalt:
Der Ehemann der Klägerin war Mitgesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, von der die Klägerin aufgrund vertraglicher Vereinbarungen Tätigkeitsvergütungen als freie Mitarbeiterin bezog. Teile dieser Vergütungen wurden nach einer Betriebsprüfung als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) der GmbH an den Ehemann (Gesellschafter) behandelt. Das Finanzamt sah in Höhe der vGA freigebige Zuwendungen des Ehemannes an die Klägerin und setzte daher gegen die Klägerin Schenkungsteuer fest.
Die hiergegen erhobene Klage vor dem FG Nürnberg blieb erfolglos, da auch das Gericht vom Vorliegen einer freigebigen Zuwendung des Ehemanns an die Klägerin ausging und die Zahlungen der GmbH als auf abgekürztem Zahlungswege geleistete Zuwendungen unter den Ehegatten ansah. Das sah der BFH anders:
II. Kernaussagen des II. Senats des BFH
Der Schenkungsteuer unterliegt als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Erforderlich hierfür ist eine Vermögensverschiebung, d. h. eine Vermögensminderung auf der Seite des Schenkers und eine Vermögensmehrung auf der Seite des Beschenkten. Wer Zuwendender ist, bestimmt sich dabei nach der Ausgestaltung der geschlossenen Verträge unter Einbeziehung ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie den mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Zielen der Parteien. Der Gegenstand, um den der Beschenkte bereichert wird, muss sich nicht vorher in derselben Gestalt im Vermögen des Schenkers befunden haben und wesensgleich übergehen. Eine Identität von "Entreicherungsgegenstand" auf der einen und "Bereicherungsgegenstand" auf der anderen Seite ist also nicht erforderlich.
Außerdem kann eine freigebige Zuwendung grundsätzlich auch auf einem abgekürzten Zahlungsweg bewirkt werden. Eine unmittelbare Vermögensverschiebung zwischen dem Zuwendenden und dem Bedachten ist also nicht zwingend erforderlich. Vielmehr kann die Zuwendung auch unter Einbeziehung eines Dritten bewirkt werden, und zwar dadurch, dass ein Schuldner des Zuwendenden auf dessen Aufforderung hin eine diesem zustehende Forderung durch unmittelbare Leistung an den Bedachten gemäß § 362 Abs. 2 iVm § 185 BGB erfüllt. Ob es sich bei dieser Vermögensverschiebung um eine freigebige Zuwendung des Zuwendenden an den Bedachten handelt, richtet sich dann allein nach dem zwischen diesen beiden bestehenden Innenverhältnis.
Ein derartiger abgekürzter Leistungsweg liege aber nach – in bestimmten Konstellationen (s. u.) auch zutreffender – Auffassung des BFH nicht vor, wenn eine GmbH an eine Person, die einem ihrer Gesellschafter nahesteht, überhöhte Vergütungen für erbrachte Arbeitsleistungen zahlt und – wie im Streitfall – die unangemessenen Teile der Vergütungen ertragsteuerrechtlich als vGA zu beurteilen sind. In einem solchen Fall fehlt es an der für eine freigebige Zuwendung erforderlichen Vermögensverschiebung zwischen dem Gesellschafter und der ihm nahestehenden Person.
In ertragsteuerlicher Hinsicht sind verdeckte Gewinnausschüttungen iSv § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG dadurch gekennzeichnet, dass eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis hat. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter diesen Vorteil einem Nichtgesellschafter nicht zugewendet hätte.
Auch die Zuwendung eines derartigen Vermögensvorteils an eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich als vGA zu beurteilen, und zwar sogar ...