Damit ist aber – nach unserer heutigen Auffassung vom Vertrag zugunsten oder zu Rechten Dritter noch nichts dazu gesagt, ob die Enkelin die Forderung "behalten darf".
Nach unserer heutigen Auffassung setzt der Erwerb des Rechts durch den Dritten nicht nur ein gültiges Deckungsverhältnis, nämlich einen gültigen Sparvertrag zugunsten Dritter im Sinne der §§ 328 ff BGB voraus, sondern auch ein gültiges Valutaverhältnis. Es bedarf also eines gültigen Vertrages zwischen dem Zuwendenden, hier dem Erblasser, und dem Dritten, hier der Enkelin, damit die Zuwendung, also die Valuta, dem begünstigten Dritten mit Rechtsgrund zufällt. Fehlt ein solches Valutaverhältnis oder ist es unwirksam oder nichtig, dann ist zwar die Zuwendung dem Dritten beim Tode des Zuwendenden gemäß § 331 BGB aufgrund des Deckungsverhältnisses angefallen, er hat die Forderung gegen die Sparkasse erworben, aber dieser Zuwendung fehlt der Rechtsgrund. Der Mangel eines solchen Rechtsgrundes wirkt sich in einem Anspruch des Zuwendenden gegen den Dritten auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach den §§ 812, 818 BGB aus; der Anspruch entsteht im Todeszeitpunkt des Zuwendenden und geht sogleich auf dessen Erben über, mit anderen Worten: Der Anspruch aus den §§ 812 ff BGB fällt in den gesamthänderisch gebundenen Nachlass. Die Erben verlangen dann vom begünstigten Dritten die Herausgabe der Bereicherung gem. § 812 BGB, also die Abtretung der erworbenen Forderung gegen die Sparkasse; hat der Dritte die Sparsumme schon abgehoben, dann verlangen die Erben gemäß § 818 Abs. 2 BGB die Herauszahlung des abgehobenen Betrages.
Der Erblasser bezweckte mit der Anlage eines Sparbuches auf den Namen der Enkelin, dieser das bei seinem Tode vorhandene Guthaben unentgeltlich zuzuwenden, es also der Enkelin zu schenken.
Die Schenkung ist nach dem BGB ein Vertrag, "Schenkungsversprechen" genannt. Ist ein solcher Vertrag wirksam nach § 518 Abs. 1 BGB durch notariell beurkundeten Vertrag zustande gekommen? Typischerweise: nein! Ist der formlos geschlossene Schenkungsversprechensvertrag durch die Bewirkung der versprochnen Leistung gemäß § 518 Abs. 2 BGB geheilt? Das kommt darauf an.
3.2.2.1 (1)
Das Zustandekommen eines Vertrags setzt die Einigung beider Teile über die Schenkung voraus. Wenn die Enkelin und bei deren Geschäftsunfähigkeit ihre gesetzlichen Vertreter von dem Sparbuch auf den Namen der Enkelin vom Erblasser unterrichtet waren, dann liegt solche Einigung vor: Denn entweder haben Enkelin bzw. deren Eltern dann dafür gedankt oder sie haben wenigstens die Mitteilung dankbar entgegengenommen; das genügt nach § 151 BGB, weil üblicherweise der Zuwendende auf die Annahme seines Angebots verzichtet. Der mangels Einhaltung der Form unwirksame Vertrag wird im Zeitpunkt des Todes des Schenkers gemäß § 518 Abs. 2 BGB dadurch wirksam, dass aufgrund des Vertrages zugunsten Dritter – also des Deckungsverhältnisses – im Todeszeitpunkt die Enkelin gemäß § 331 BGB die Sparforderung erwirbt. Die Forderung fällt auch nicht eine juristische Sekunde in den Nachlass.
So erstreckt sich z. B. eine Testamentsvollstreckung über den Nachlass auch dann nicht auf die Forderung, wenn der gesamte Nachlass unter Testamentsvollstreckung steht und sogar die Enkelin Alleinerbin ist. Ist sie minderjährig, wird die Sparforderung von ihren beiden Eltern gemäß den §§ 1626, 1629 BGB verwaltet. Will der Großvater das nicht, so kann er die Forderung auch nicht durch Testament unter Testamentsvollstreckung stellen. Ihm bleibt dann nur die Möglichkeit, nach § 1638 BGB vorzugehen: Da die Zuwendung durch eine Schenkung erfolgt, also durch einen Vertrag unter Lebenden, kann er mündlich oder schriftlich vor seinem Tod anordnen, dass die Verwaltung nicht beiden Eltern, sondern nur einem Elternteil oder gar keinem Elternteil, sondern einem Vermögensverwalter, genauer: Ergänzungspfleger nach § 1909 Abs. 1 S. 2 BGB, zustehen soll. Er kann diesen Pfleger gemäß § 1917 BGB auch aussuchen. Die Pflegschaft endet dann mit Erreichen der Volljährigkeit der Enkelin.
Ein ähnliches Ergebnis lässt sich auch dadurch erreichen, dass der Erblasser mit der Bank/Sparkasse eine Sperrung des Kontos bis zur Volljährigkeit der Enkelin vereinbart; solches ist durch die Rechtsprechung anerkannt. Die Legitimationswirkung ist bis dahin eingeschränkt.
Zwei Randprobleme gilt es bei dieser Fallkonstellation noch zu erörtern. Wie verhält es sich, wenn die beschränkt geschäftsfähige Enkelin (§ 107 BGB: rechtlich vorteilhaft) oder die Eltern der unter 7 Jahre alten geschäftsunfähigen Enkelin nie vom Erblasser über die Existenz des Sparbuchs unterrichtet wurden, sondern von dritter Seite zu Lebzeiten des Erblassers davon erfuhren, z. B. vom Onkel oder von der Tante? Von der Beweisbarkeit einmal abgesehen: Es fehlt dann am lebzeitigen Schenkungsangebot, an einer empfangsbedürftigen Willenserklärung, weil Onkel und Tante nicht Boten des Erblassers waren.
Da heute auch geschiedene Eltern gemeinsam ihr minderjähriges Kind vertreten (§ 167...