Tagungsbericht vom 24. April 2009, Würzburg
Mit einem Seminar und anschließendem Festakt beging die Deutsche Schiedsgerichtsbarkeit für Erbstreitigkeiten e.V. (DSE) am 24. April 2009 in Würzburg ihr zehnjähriges Bestehen. Die Veranstaltung stand mit einem breit gefächerten Themenspektrum im Zeichen der vielen Möglichkeiten erbrechtlicher Schiedsgerichtsbarkeit.
Der Vorsitzende der DSE, Rechtsanwalt Michael Rudolf, eröffnete die Tagung mit einem kurzen Rückblick auf die noch junge Geschichte der DSE, deren Gründungsidee darauf beruhte, dass der vermögensvernichtende und nervenaufreibende Gang zu den ordentlichen Gerichten nicht ohne Alternative sein dürfe. Jeder Rechtsanwalt wisse, dass eigentlich schon alle verloren hätten, wenn es im Erbrecht vor Gericht geht. Die DSE wolle daher einen dritten Weg zwischen Kleinbeigeben und einem jahrelangen Prozessieren aufzeigen. Diese Idee werde inzwischen von über 70 Geschäftstellen bundesweit verbreitet und stoße auf wachsendes Interesse, wenngleich noch viel Überzeugungsarbeit nötig sei.
Nach dieser Einleitung folgte das erste Referat, in dem Notar Prof. Dr. Martin Bengel (Fürth) über die geplante Reform des Erbrechts berichtete. Die Reform verfolge im Wesentlichen die Erweiterung der Testierfreiheit, die Stärkung der Rechte des Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten und die Verbesserung der Ausgleichs- und Anrechnungsregelungen. Ob diese Ziele verwirklicht werden könnten, sei aus zwei Gründen ungewiss: Zum einen erscheine sehr fraglich, ob das Gesetz noch vor der Bundestagswahl in Kraft trete, zum anderen seien gravierende Mängel im Regierungsentwurf festzustellen. Bengel wies darauf hin, dass z. B. die nachträgliche Anordnung über die Anrechnung einer Schenkung auf den Pflichtteil zu einer versteckten Pflichtteilsentziehung führen könnte, was insbesondere bei Schenkungen an Minderjährige äußerst problematisch sei. Auch die geplante Neuregelung der Ausgleichungspflicht für Pflegeleistungen wäre besser als gesetzliches Vermächtnis (wie der Voraus des Ehegatten) zu regeln, außerdem sei die Einschränkung auf die gesetzlichen Erben, zu denen der pflegende Ehegatte oder Dritte nicht gehören sollen, unbillig. Positiv seien hingegen Änderungen zu § 2306 Abs. 1 BGB zu bewerten, die eine deutliche Vereinfachung und Rechtssicherheit erwarten ließen.
Im Anschluss daran folgte ein Vortrag über "Vollmachten vor und nach dem Todesfall" von Rechtsanwalt Dr. Dietmar Kurze (Berlin), dem Vorstand des Vereins VorsorgeAnwälte Deutschlands e.V. Er wies darauf hin, dass beim Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer inzwischen mehr als 800.000 Vorsorgevollmachten registriert seien, wodurch zukünftig mit einer Vielzahl von Konflikten aus diesen Rechtsverhältnissen zu rechnen sei. Da in der Regel Auftragsrecht gelte, könne ein Bevollmächtigter leicht in die sog. Vollmachtsfalle hineingeraten. Der Bevollmächtigte, meist ein rechtlicher Laie, übernehme eine haftungsträchtige Verantwortung und sehe sich neben umfangreichen Rechenschaftspflichten oft noch dem Verdacht der Selbstbedienung ausgesetzt. Umgekehrt wollten die Erben des Vollmachtgebers das Handeln des Bevollmächtigten nachvollziehen können und berechtigte Ansprüche geltend machen. Da es sich um eine rechtlich wie tatsächlich komplizierte Materie handele, wären zwangsläufig lange Prozesse zu erwarten, gäbe es nicht die Möglichkeit, vorsorglich ein Schiedsverfahren über die DSE zu vereinbaren. Die DSE hat hierfür inzwischen ihre Satzung geändert und ihre Zuständigkeit ausdrücklich auch auf Vorsorgerechtsstreitigkeiten erweitert. Kurze empfahl diese und weitere detaillierte Vereinbarungen zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem, um so das Konfliktpotenzial deutlich zu entschärfen.
Nach dieser Darstellung berichtete Prof. Dr. Karlheinz Muscheler (Bochum) über „Aktuelle Entwicklungen im Recht der Testamentsvollstreckung“ durch Besprechung einiger kürzlich ergangener Entscheidungen. Besondere Aufmerksamkeit galt einem vor dem Landgericht Heidelberg ausgetragenen (unveröffentlichten) Rechtsstreit, in dem es um die Frage ging, ob die Entscheidung über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers gem. § 2227 BGB wirksam einem Schiedsgericht (hier der DSE) zugewiesen werden könne. Das Landgericht Heidelberg hatte auf die Beschwerde des Testamentsvollstreckers, der sich gegen seine Entlassung durch das Nachlassgericht wandte, entschieden, dass aufgrund der nach den §§ 1066, 1033 Abs. 1 ZPO bestehenden Vorrangigkeit der Schiedsanordnung der Entlassungsantrag vor dem Nachlassgericht ungeachtet seiner Unbegründetheit in der Sache schon unzulässig gewesen sei. Diese auch von anderen Gerichten vertretene Ansicht wurde damit begründet, dass die Zuordnung des Entlassungsverfahrens zur freiwilligen Gerichtsbarkeit nur zufällig sei, es der Sache nach eigentlich ein echter Zivilprozess sei. Das Reichsgericht (RGZ 133, 128) und – mit Muscheler – die Mehrheit des Schrifttums sehen dies jedoch nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Amtsermittlungsgrundsatz...