Einem Minderjährigen ist eine Erbschaft angefallen. Sein gesetzlicher Vertreter möchte sie ausschlagen.
1. Erfordernisse nach materiellem Recht
a) Gerichtliche Genehmigung nicht allgemein notwendig
Die Ausschlagung der Erbschaft durch den gesetzlichen Vertreter, also beide Elternteile oder Vormund, erfordert grundsätzlich die familiengerichtliche Genehmigung (§§ 1643 Abs. 2 S. 1, 1822 Nr. 2 BGB). Eine Ausnahme besteht nach § 1643 Abs. 2 S. 2 BGB: Wenn der Anfall der Erbschaft an das Kind erst infolge der Ausschlagung eines Elternteils eintritt, der das Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil vertritt: Dann ist die familiengerichtliche Genehmigung nicht erforderlich. Eine Gegenausnahme besteht für den Fall, dass der Elternteil neben dem Kind zum Erben berufen ist, dann ist also eine gerichtliche Genehmigung erforderlich. Zu beachten ist, dass das Ausschlagungsrecht entfällt, wenn ein Elternteil nicht sorgeberechtigt ist. Ein Vormund braucht für die Ausschlagung gemäß § 1822 Nr. 2 BGB stets eine familiengerichtliche Genehmigung.
Der Großvater ist verstorben und hat durch Testament sein Kind und das Kind jenes Kindes, also seinen Enkel, je zu 1/2 zu Erben berufen. Der Vater schlägt für sich aus; für die Ausschlagung der Erbschaft seines Kindes ist die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich.
b) Genehmigung innerhalb der Ausschlagungsfrist
Die familiengerichtliche Genehmigung muss nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 1831 BGB) bei der Erklärung der Ausschlagung vorliegen. Man ist sich heute einig, dass man diese Vorschrift bei sogenannten amtsempfangsbedürftigen Erklärungen nicht anwendet. Die Ausschlagung ist nach hM amtsempfangsbedürftig, weil sie gegenüber dem Nachlassgericht erfolgt, auch wenn der Sache nach die nächstberufenen Erben die Betroffenen sind.
Nach der heutigen Anschauung darf nun die Ausschlagung nicht erst dann erfolgen, wenn die familiengerichtliche Genehmigung dafür vorliegt. Die Ausschlagung muss vielmehr fristgemäß erfolgen, und binnen der Ausschlagungsfrist muss auch der Antrag auf die familiengerichtliche Genehmigung gestellt werden: Dann sieht man für den Fristenlauf einen Fall der höheren Gewalt als gegeben an (§§ 1944, 206 BGB), sodass der Ablauf der Ausschlagungsfrist gehemmt ist.
Schon drei Wochen nach Beginn der Ausschlagungsfrist schlägt der gesetzliche Vertreter die Erbschaft des Kindes aus und beantragt zeitgleich die familiengerichtliche Genehmigung. Nunmehr ist die Ausschlagungsfrist gehemmt bis zum Erhalt der familiengerichtlichen Genehmigung, z. B. nach sieben Monaten. Mit der Bekanntgabe der Genehmigung an die Eltern endet aber auch die Hemmung der Ausschlagungsfrist, sodass die Ausschlagungsfrist wieder weiter läuft: im Beispiel weitere drei von insgesamt sechs Wochen. Während dieser Zeit muss sich der gesetzliche Vertreter überlegen, ob er von der gerichtlichen Genehmigung Gebrauch macht. Er kann, ohne sich dem Kind gegenüber schadensersatzpflichtig zu machen, sich auch dahingehend entscheiden, von der Ausschlagungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen; dann teilt er die familiengerichtliche Genehmigung einfach dem Nachlassgericht nicht mit. Irgendwann merkt das Nachlassgericht dann, dass mangels gerichtlicher Genehmigung keine wirksame Ausschlagung erfolgt ist.
c) Mitteilung der Genehmigung an das Nachlassgericht
Damit der gesetzliche Vertreter nochmals die Gelegenheit hat, sich zu überlegen, ob er von einer gerichtlichen Genehmigung Gebrauch machen will oder nicht, darf das Familiengericht die Genehmigung zur Ausschlagung niemals direkt an das Nachlassgericht übersenden; tut es dies doch, so ist die Mitteilung wirkungslos. Es muss vielmehr die Mitteilung der Genehmigung dem gesetzlichen Vertreter gegenüber erfolgen (§ 1828 BGB). Die Eltern als Empfänger müssen sie sodann zusammen, wenn sie immer noch die Ausschlagung befürworten, dem Nachlassgericht mitteilen (analog § 1829 BGB).
2. Weitere Erfordernisse des Verfahrensrechts
a) Notwendigkeit eines Verfahrensbeistands?
Bei der Einleitung des familiengerichtlichen Genehmigungsverfahrens wird der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen, sich überlegen: Bedarf es eines Verfahrensbeistands nach § 158 FamFG? Ist dies der Fall, so wird er selbst einen Vorschlag machen – schon um die Zeit, die das Familiengericht bei der eigenen Suche nach einem geeigneten Verfahrensbeistand benötigt, zu ersparen. Natürlich wird der gesetzliche Vertreter auch daran denken, ob ein Verfahrensbevollmächtigter ihm genehm ist, damit er nicht vom Familiengericht jemanden aufgedrängt erhält, der schon aus Prinzip (um nicht zu haften) stets ein Rechtsmittel gegen die Genehmigung und somit scheinbar "für den Minderjährigen" einlegt.
aa) § 158 Abs. 1 FamFG stellt für die Bestellung eines Verfahrensbeistands die Voraussetzung auf, dass es sich um eine Kindschaftssache handelt. Was eine Kindschaftssache ist, sagt § 151 FamFG: alle Verfahren, die die elterliche Sorge, eine Vormundschaft oder eine Pflegschaft betreffen. Das weitere Erfordernis nach § 158 Abs. 1 FamFG ist, dass die Angelegenheiten "seine Person betreffen". Wie üblich, so ist auch nach dem FamFG zwischen Personensorge und Vermögenssorge zu unterscheiden, sodass von daher in Nachlassangelegenheiten des Kindes ein Verfahrensbeistand nicht...