1
Im Fall der Übertragung von Betriebsvermögen von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden gelten die Verschonungsregelungen in §§ 13a ff ErbStG. Dies gilt seit der Erbschaftsteuerreform 2016 durch die Einführung der sog. 26-Mio.-Euro-Erwerbsgrenze nicht mehr uneingeschränkt für Großerwerbe. Die Verfasserin geht in diesem Beitrag auf den Anlass dieser Einschränkungen ein, hinterfragt, ob der Gesetzgeber bei der gesetzlichen Ausgestaltung die richtige Perspektive im Einklang mit dem Verschonungszweck gewählt hat und erörtert, welche Folgeprobleme mit der gewählten Erwerbsperspektive einhergehen.
I. Erbschaftsteuerliche Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen
Die Erbschaft- und Schenkungssteuer besteuert Erwerbe durch Schenkungen und von Todes wegen. Handelt es sich bei dem übertragenen Vermögen um betriebliches Vermögen, greifen die Verschonungsregelungen gemäß §§ 13a ff ErbStG ein. Der Gesetzgeber verfolgt mit diesen erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen den Zweck, die mit dem betrieblichen Vermögen verbundenen Arbeitsplätze und den Bestand der Unternehmen zu schützen. Denn der Erwerber eines Unternehmens erhält mit der Vermögensübertragung regelmäßig gebundenes, nicht liquide verfügbares Vermögen. Fiele eine uneingeschränkte Erbschaftsteuerlast an, sähe sich der Erwerber mit einer hohen Wahrscheinlichkeit aufgrund von Liquiditätsengpässen geneigt, auf das Betriebsvermögen zuzugreifen und Arbeitsplätze zur Liquiditätsgewinnung abzuschaffen. Durch die Steuerbefreiungen sollen die Erwerber betrieblichen Vermögens in Fällen von Liquiditätsschwierigkeiten aufgrund der Erbschaftsteuerlast davon abgehalten werden, Arbeitsplätze abzuschaffen, und angehalten werden, den Bestand des Unternehmens zu schützen.
Basierend auf der dargelegten Gefährdungsvermutung befreit der Gesetzgeber somit den Erwerb von bestimmten betrieblichen Vermögen von der Erbschaftsteuer. Erfasst als begünstigungsfähiges Vermögen sind sämtliches Betriebsvermögen, Beteiligungen an gewerblichen Personengesellschaften, Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, wenn der Erblasser oder Schenker in Höhe von mehr als 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt war sowie land- und forstwirtschaftliches Vermögen. Letztlich befreit wird nur das sogenannte begünstigte Vermögen, welches sich vereinfacht formuliert aus dem Abzug des Verwaltungsvermögens vom begünstigungsfähigen Vermögen ergibt. Durch dieses in § 13b Abs. 2 S. 1 ErbStG verankerte sogenannte Nettoverwaltungsvermögensprinzip möchte der Gesetzgeber zielgerichtet nur produktives, für den Erhalt des Unternehmens und der Arbeitsplätze wesentliches Vermögen begünstigen. Die Steuerbefreiung wird nur dann langfristig gewährt, wenn der Erwerber bestimmte Verschonungsvoraussetzungen einhält. Hierzu gehören beispielsweise die Wahrung der Behaltensfrist (§ 13a Abs. 6 ErbStG) und die Einhaltung der Lohnsummenerfordernisse (§ 13a Abs. 3 ErbStG). Durch die Verknüpfung der Steuerbefreiung an die Einhaltung der Verschonungsvoraussetzungen im Wege der auflösenden Bedingung sichert der Gesetzgeber sein verfolgtes Ziel – Erhalt des Unternehmens und der damit verbundenen Arbeitsplätze – ab.
II. Anlass für die Einführung der sogenannten 26-Mio.-Euro-Erwerbsgrenze
Echte Steuerbefreiungen führen immer zu einer Ungleichbehandlung von denjenigen, die in den Genuss der Befreiung kommen, und denjenigen, die ohne Steuerbefreiung die reguläre Steuerlast tragen müssen. Aufgrund des Ausmaßes der mit’den erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen einhergehenden Ungleichbehandlungen hatte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2014 die Verschonungsregelungen in der damals geltenden Fassung für verfassungswidrig erklärt. Einer der Gründe für die Verfassungswidrigkeit war die fehlende Differenzierung zwischen kleinen und mittelständischen Unternehmen einerseits und Großunternehmen andererseits. Während bei der Übertragung kleinerer und mittlerer Unternehmen die Ungleichbehandlung auch ohne Feststellung einer tatsächlichen Gefährdung der Unternehmen durch die Erbschaftsteuerlast nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich noch gerechtfertigt war, konnte diese unwiderlegliche Gefährdungsvermutung bei der Übertragung größerer Unternehmen aus gleichheitsrechtlichen Gründen nicht mehr hingenommen werden.
Der Gesetzgeber reagierte auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit dem Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Statt einer Neukonzeption handelt es sich um ein Reparaturgesetz, mit dem der Gesetzgeber versucht, die einzelnen vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Anknüpfungspunkte für die Verfassungswidrigkeit neu und dieses Mal verfassungskonform zu regeln. In Bezug auf die fehlende Differenzierung zwischen den Erwerbsgrößen entschied sich der Gesetzgeber als Reparaturmaßnahme für die Einführung der sogenannten 26-Mio.-Euro-Erwerbsgrenze. Gemäß § 13a A...