II.
Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2. ist infolge der mit weiterem Beschluss des Nachlassgerichts vom 9.7.2020 erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 S. 1, 2. Halbs. FamFG. Es ist als befristete Beschwerde statthaft und insgesamt zulässig, §§ 58 Abs. 1 i.V.m. 352e Abs. 1 S. 2, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG. In der Sache erweist es sich jedoch auch unter Berücksichtigung des Rechtsmittelvorbringens als unbegründet; zu Recht möchte das Nachlassgericht dem Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1. entsprechen, weil sie Alleinerbin nach der Erblasserin geworden ist.
Die Ausgangspunkte sind zwischen den Beteiligten als solche nicht umstritten: Dem besagten Antrag wäre – nur – dann der Erfolg zu versagen, wenn die Beteiligte zu 2. und deren Schwester als Großnichten nach dem Vorversterben ihres Vaters, des Neffen der Erblasserin, statt seiner zu Miterbinnen berufen wären, also die Erblasserin die Anwachsung nach § 2094 Abs. 3 BGB ausgeschlossen hätte. Da hierbei die Zweifelsregel des § 2069 BGB weder unmittelbar noch entsprechend eingreift, weil es sich bei den im Testament bedachten Erben nicht um Abkömmlinge der Erblasserin handelte, kommt es darauf an, ob sich nach allgemeinen erbrechtlichen Auslegungsregeln ein Wille der Erblasserin zum "Nachrücken" der Kinder des Neffen feststellen lässt. Das wiederum hängt nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen davon ab, ob der Neffe von der Erblasserin um seiner Person willen oder als Erster seines Stammes berufen wurde; falls sich letzteres ergäbe, erwüchse aus dem sogenannten Andeutungserfordernis keine zusätzliche Auslegungshürde, denn in diesem Fall könnte man in der Benennung des Erben selbst die notwendige Andeutung sehen. Indes kann sich, ungeachtet der von der Beteiligten zu 2. unterbreiteten Ermittlungsangebote, auch der Senat nicht davon überzeugen, die Erblasserin habe ihren Neffen Erwin als Ersten seines Stammes berufen wollen.
Dagegen spricht bereits, dass, hätte die Erblasserin einen Stamm berufen wollen, dies derjenige ihrer Halbschwester gewesen wäre; denn dieser war sie, dem eigenen Vorbringen der Beteiligten zu 2. zufolge, wegen ihr (der Erblasserin) gewährter finanzieller Hilfen zu Dank verpflichtet, wohingegen zu ihren übrigen Geschwistern kein Kontakt bestand. Gerade bei einer Vorstellung der Testierenden von einer Berufung dem Stamme nach wäre eine Benennung der Schwester auch problemlos möglich gewesen: Mochte wegen des Unterschieds im Lebensalter auch der Fall wahrscheinlich sein, dass die "Erstberufene" vorverstürbe, träte dann eben das ein, was von der Testierenden beabsichtigt gewesen wäre, nämlich ein Nachrücken ihrer Abkömmlinge, zunächst der ersten Generation, der Nichte und Neffe angehörten, sodann der folgenden Generation, darunter die Beteiligte zu 2. und ihre Schwester. Mit anderen Worten deutet die Wahl von Nichte und Neffe als benannten Miterben einerseits an der Stelle der Benennung der Halbschwester der Erblasserin, andererseits als einzigen Abkömmlingen im Stamme der Halbschwester, bei Lichte betrachtet, gerade dagegen, Nichte und Neffe seien ihrerseits als erste ihres eigenen (!) Stammes berufen worden, und für eine Individualberufung, mag sie auch auf den Wunsch der Schwester erfolgt sein. Zumindest bezüglich der Beteiligten zu 1. wird diese Sicht dadurch bestätigt, dass die Erblasserin ihr nach den insoweit unwidersprochen gebliebenen Darlegungen der Beteiligten zu 1. 2001 eine Bankvollmacht erteilte. Es kann auch nicht etwa die Rede davon sein, die Erblasserin habe bei diesem Verständnis eine der beiden berufenen Personen gegenüber der anderen bevorzugt; dieser Gedanke ist nur nachvollziehbar, wenn man die unzutreffende Auffassung verträte, in einer Anwachsung liege eine Benachteiligung des weggefallenen Miterben. Ob man anders zu entscheiden hätte, wenn die Erblasserin zur Beteiligten zu 2. und deren Schwester eine von persönlicher Nähe getragene Vertrauensbeziehung gehabt hätte, kann auf sich beruhen; denn hierfür geben die eigenen Schilderungen jener Beteiligten nichts her, die lediglich – zunehmend seltenere – Kontakte innerhalb einer Fernbeziehung durch mehrtägige Besuche beschreiben.
Mit alledem steht § 3 des Testaments in Übereinstimmung. Aus ihm ergibt sich, dass die Erblasserin bei einem "Ausfall" eines Miterben die Anwachsung beim anderen nach § 2094 Abs. 1 S. 1 BGB entweder wünschte oder dieser Rechtsfolge mit Gleichgültigkeit gegenüberstand, jedenfalls keinen Ersatzerben berufen wollte. Aus der schriftlichen Bekundung des seinerzeit beurkundenden Notars folgt überdies zumindest, dass die allgemeine Annahme, bei einem notariellen Testament werde der Testator vom Notar über die Rechtsfolgen der von ihm formulierten Bestimmungen ebenso belehrt werden wie über etwa verbleibende Regelungslücken, auch im vorliegenden Fall gerechtfertigt ist. Im Ergebnis läuft der Standpunkt der Beteiligten zu 2. faktisch darauf hinaus, dass der Notar, n...