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Der Aufsatz stellt nach einem Überblick ausgewählte wichtige Aspekte der Stiftungsrechtsreform vor.[1] Ferner werden erste Erfahrungen mit der Stiftungsrechtsreform aus der Praxis geschildert.

[1] Einen ausf. Überblick über die gesamte Stiftungsrechtsreform bieten z.B. Hüttemann/Rawert, ZIP Beil. H. 33, 2021, 3 ff. Hilfreich ist auch das Buch von Schiffer/Pruns/Schürmann, Reform des StiftungsR, 2022, in dem jedes Kapitel mit der Gegenüberstellung der alten und neuen Regelung mit Auszügen aus der Gesetzesbegründung beginnt.

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Die Reform des Stiftungszivilrechts tritt zwar erst am 1.7.2023 in Kraft. Doch hat sie bereits heute konkrete und wichtige Auswirkungen für bestehende Stiftungen.

I. Überblick und Anwendungsbereich der Stiftungsrechtsreform

Der Gesetzgeber hat 2021 das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts verabschiedet[2] und damit das deutsche Stiftungsrecht umfassend reformiert. Das neue Recht wird am 1.7.2023 in wesentlichen Teilen in Kraft treten.[3] Die Regelungen zur erstmaligen Einführung eines Stiftungsregisters mit einer negativen Publizitätswirkung werden erst 2026 und damit erheblich später Anwendung finden. Die Reform betrifft sämtliche rechtsfähigen Stiftungen einschließlich solcher, die steuerlich als gemeinnützig oder mildtätig anerkannt sind. Nicht rechtsfähige Stiftungen wie z.B. Treuhandstiftungen sind von der Reform nicht betroffen, da es sich bei ihnen rechtlich nicht um juristische Personen handelt und sie – wie auch schon bislang – nicht vom Stiftungszivilrecht erfasst werden.[4] Auch soll das neue Recht nach Ausführungen des Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung keine Anwendung auf öffentliche Stiftungen finden,[5] was jedoch nicht missverstanden werden darf. Denn auch wenn die stiftungszivilrechtlichen Vorschriften der derzeitigen §§ 80-88 BGB zunächst nicht für Stiftungen des öffentlichen Rechts gelten, so ordnen einige Landesstiftungsgesetze wie z.B. das hessische, das bayerische oder das baden-württembergische Stiftungsgesetz die Anwendung der meisten stiftungsrechtlichen Vorschriften des BGB auch für öffentlich-rechtliche Stiftungen an.[6] Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Landesgesetzgeber auch die neuen Regelungen mittelbar auf öffentliche Stiftungen zur Anwendung bringen. Für kirchliche Stiftungen findet sich eine Regelung in § 88 BGB n.F., die klarstellt, dass die Vorschriften der Landesgesetzgeber unberührt bleiben.[7] Letztlich entspricht diese Vorschrift in wesentlichen Teilen der aktuellen Regelung in § 80 Abs. 3 BGB.[8]

Die Charakteristika rechtsfähiger Stiftungen werden sich zwar nicht verändern. So verbleibt es dabei, dass das Leitbild der Stiftung die auf Dauer ausgerichtete "Ewigkeitsstiftung" ist, die keine Mitglieder oder Anteilseigner hat. Begrüßenswert ist, dass es aber erstmalig in § 80 Abs. 1 BGB n.F. eine entsprechende Definition der rechtsfähigen Stiftung geben wird, mit der allerdings keine Änderung der bisherigen Rechtslage und der Struktur einer Stiftung erfolgt.[9] In den §§ 80-82a BGB n.F. sind neben der Definition auch die einzelnen Bestimmungen zur Stiftungsgründung enthalten. Eine Neuerung betrifft das Stiftungsgeschäft, das eine Satzung enthält, in der aber zukünftig nicht mehr das Vermögen explizit geregelt werden muss, § 81 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. Natürlich ist es wichtig, in der Satzung Regelungen aufzunehmen, die das Vermögen betreffen. Die neue Bestimmung ist aber interessant, da manche Stiftungsaufsichtsbehörden bislang verlangen, dass in der "Gründungs"-Satzung das der Stiftung im Stiftungsgeschäft gewidmete Vermögen aufgelistet wird. In der neuen Gesetzesfassung gehört jedoch das Stiftungsvermögen nicht mehr zu den Bestimmungen, die zwingend Bestandteil der Satzung sein müssen, die der Stifter im Stiftungsgeschäft der Stiftung geben muss.

In § 83 Abs. 1 BGB n.F. wird anders als bislang betont, dass die Stiftungsverfassung durch das Stiftungsgeschäft und insbesondere die Satzung bestimmt wird. Gem. § 83 Abs. 2 Hs. 1 BGB n.F. haben die Stiftungsorgane und die Stiftungsaufsichtsbehörden den Stifterwillen zu beachten, so, wie er bei der Errichtung der Stiftung zum Ausdruck gekommen ist. Hilfsweise ist der mutmaßliche Wille des Stifters zu beachten, § 83 Abs. 2 Hs. 2 BGB n.F. Die §§ 83a-83c BGB n.F. regeln den Stiftungssitz und das Stiftungsvermögen, jeweils mit einigen relevanten Neuerungen, während die §§ 84-84c BGB n.F. die Vorschriften zu den Stiftungsorganen enthalten. Hervorzuheben ist § 84a Abs. 2 S. 2 BGB n.F., der zukünftig die sog. Business Judgement Rule enthalten wird. Der Gesetzgeber hat diese sich in der Rechtspraxis immer stärker durchsetzende Regel im BGB aufgenommen, wonach das Mitglied eines Stiftungsorgans keine Pflichtverletzung begeht, wenn es bei der Geschäftsführung unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln. Das Herzstück sind sicher die §§ 85-85b BGB n.F. über Satzungsänderungen und der Versuch des Gesetzgebers in §§ 86-86h BGB n.F., Stiftungsf...

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