Bislang wird die Gesellschafterliste nicht in das Handelsregister eingetragen und öffentlich bekannt gemacht, sondern nur bei dem Registergericht aufbewahrt, wo sie jedem zur Einsicht zur Verfügung steht, § 9 Abs. 1 HGB. Ein gutgläubiger Erwerb von Geschäftsanteilen vom Nichtberechtigten ist daher, abgesehen vom Erwerb vom sog. "Scheinerben" nach § 2366 BGB, nicht möglich, auch wenn der Erwerber auf die Richtigkeit der Gesellschafterliste vertraut hat.

Mit dem MoMiG wird nun der gutgläubige Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen ermöglicht, § 16 Abs. 3 GmbHG-E. Die beim Handelsregister eingereichte Gesellschafterliste dient dabei als Anknüpfungspunkt und Rechtsscheinträger für einen gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen und macht diesen damit überhaupt erst möglich. Wer einen Geschäftsanteil erwirbt, soll künftig darauf vertrauen dürfen, dass die in der Gesellschafterliste verzeichnete Person auch wirklich Gesellschafter ist. Ist eine Eintragung in die Gesellschafterliste für mindestens drei Jahre unbeanstandet geblieben, so gilt der Inhalt der Liste dem Erwerber gegenüber als richtig. Der Gesellschafter wird mit seiner Eintragung in die Gesellschafterliste nicht nur gegenüber der Gesellschaft, sondern auch gegenüber Dritten legitimiert. Keinen Schutz hat der Erwerber aber davor, dass der Veräußerer in der Zwischenzeit, also vor weniger als drei Jahren, seinen Anteil weiterveräußert hat und dies nicht in der Liste nachgetragen wurde. Es handelt sich somit um keinen reinen Rechtsscheinerwerb.[52] Man wird in Zukunft aber nur noch eine – in der Regel sehr kurze – Kette von Veräußerungen bis zu dem Drei-Jahres-Stichtag nachweisen und garantieren müssen.

Darüber hinaus muss der gute Glaube des Erwerbers bestehen, d. h. keine positive Kenntnis und keine grob fahrlässige Unkenntnis von der mangelnden Berechtigung des Veräußerers. Zuletzt darf der Gesellschafterliste kein Widerspruch zugeordnet sein (vgl. § 899 BGB). Wie sich aus dem Wortlaut des § 16 Abs. 3 GmbHG-E ergibt, bezieht sich die Gutglaubenswirkung jedoch nicht auf die Lastenfreiheit oder gar die Existenz des Geschäftsanteils, sondern allein auf die Rechtsinhaberschaft des Veräußerers.[53]

Der gutgläubige Erwerb setzt ferner voraus, dass der Geschäftsanteil "durch Rechtsgeschäft" erworben wird, § 16 Abs. 3 S. 1 GmbHG-E. Ein gutgläubiger Erwerb ist daher nicht beim Erwerb von Todes wegen, beim Erwerb durch Gesellschafterbeschluss oder aufgrund Zerschlagung in der Zwangsversteigerung möglich.

Allerdings kommt auch künftig der gutgläubiger Erwerb eines Geschäftsanteils vom sog. "Scheinerben" in Betracht. Veräußert der Scheinerbe den vom Erblasser vermeintlich geerbten Geschäftsanteil, nachdem er in eine neue Gesellschafterliste als Erbe eingetragen wurde, so erwirbt der gutgläubige Dritte den Geschäftsanteil nach § 16 Abs. 3 GmbHG-E, wenn seit der Einreichung der Gesellschafterliste 3 Jahre vergangen sind oder dem Berechtigten die Unrichtigkeit zurechenbar ist. War der Scheinerbe noch nicht drei Jahre in der Gesellschafterliste eingetragen und ist dem wahren Erben die Eintragung des Scheinerben nicht zurechenbar,[54] ist ein gutgläubiger Erwerb nur gem. § 2366 BGB durch Vorlage des Erbscheins möglich.[55] Hingegen scheidet ein gutgläubiger Erwerb aus, wenn der Scheinerbe zwar ein notarielles Testament samt Eröffnungsniederschrift vorweist, aber weder einen Erbschein vorgelegt hat, noch in der Gesellschafterliste drei Jahre eingetragen war.

Dem gutgläubigen Dritten steht in diesem Fall auch kein Haftungsanspruch gegenüber dem Geschäftsführer zu, da der Geschäftsführer zwar eine falsche Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht hat, ihn aber idR kein Verschulden trifft. Der Geschäftsführer war aufgrund des notariellen Testaments samt Eröffnungsniederschrift nicht dazu verpflichtet, sich den Erbschein vorlegen zu lassen. Dem entspricht auch die Wertung des § 35 GBO.

Ein weiteres Problem kann sich ergeben, wenn ein Nichtberechtigter als Gesellschafter in die Gesellschafterliste eingetragen war und nach seinem Tod beerbt wird. Wird der Erbe als neuer Gesellschafter in die Gesellschafterliste eingetragen und veräußert er den Geschäftsanteil in der Folge, so stellt sich schließlich die Frage, ob die für den gutgläubigen Erwerb erforderliche 3-Jahresfrist voraussetzt, dass der veräußernde Erbe 3 Jahre in der Gesellschafterliste eingetragen war oder ob auch der Eintragungszeitraum des Erblassers berücksichtigt wird.

Nach dem Wortlaut des § 16 Abs. 3 GmbHG-E ist "lediglich" erforderlich, dass der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in die Gesellschafterliste eingetragen ist und dass die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs "hinsichtlich des Geschäftsanteils" 3 Jahre unrichtig ist. Auch nach der Begründung des Regierungsentwurfes beginnt die 3-Jahres-Frist für den gutgläubigen Erwerb mit der Aufnahme der Liste im Handelsregister, die erstmalig einen Nichtberechtigten als Inhaber des Geschäftsanteils ausweist.[56] Unerheblich sei dabei, ob mehrere Listen eingerei...

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