I. Anwendungsbereich des RDG
Da das RDG nicht alle Rechtsdienstleistungsbefugnisse abschließend regelt, ist in § 1 Abs. 1 RDG der Anwendungsbereich des Gesetzes bestimmt. Dieser umfasst nur die Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen. Die Beratung einer Prozesspartei, die Vorbereitung von Schriftsatzentwürfen und die außergerichtliche Verhandlung mit dem Prozessgegner während eines Klageverfahrens fallen in den Anwendungsbereich des RDG. Sofern aber Rechtshandlungen vorgenommen werden, die unmittelbar an das Gericht adressiert sind, findet das RDG keine Anwendung. Die Frage, ob diese Rechtshandlungen gegenüber dem Gericht zulässig sind, wird vielmehr in den einzelnen Prozessordnungen beantwortet. Das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, durch das das RDG verabschiedet wurde, beinhaltet daher auch zahlreiche Änderungen in den jeweiligen Prozessordnungen. So dürfen etwa gem. § 79 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ZPO Inkassounternehmen Mahnverfahren für ihre Kunden betreiben. Nach § 4 Abs. 4 EGRDG ist die Vergütung von Inkassounternehmen für die Vertretung in außergerichtlichen Mahnverfahren bis zu einem Betrag von 25 EUR erstattungsfähig. Die Erstattung der Vergütung für die Vertretung in Zwangsvollstreckungsverfahren richtet sich nach § 788 ZPO. Anwaltskanzleien, die bisher in Kooperation mit Inkassobüros komplementäre Mahn- und Vollstreckungstätigkeiten ausgeübt haben, werden diese oftmals abgeben müssen.
Der Gesetzgeber hat das neue RDG als allgemeines Gesetz zur Regelung der Erbringung von außergerichtlichen Rechtsdienstleistungen konzipiert. Besondere Regelungen finden sich in vielen Spezialgesetzen, z. B. Steuerberatungsgesetz, Bundesnotarordnung, Wirtschaftsprüferordnung. § 1 Abs. 2 RDG sieht dementsprechend vor, dass Regelungen in anderen Gesetzen unberührt bleiben und dem RDG als lex specialis vorgehen.
II. Der Begriff der Rechtsdienstleistung
Um "Klarheit" bei der Abgrenzung der erlaubten von der unerlaubten Rechtsberatung zu schaffen, hat der Gesetzgeber den zentralen Begriff der Rechtsdienstleistung eingeführt und diesen in § 2 Abs. 1 RDG definiert: "Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert." Ziel ist es, festzustellen, welche Tätigkeiten überhaupt in den Anwendungsbereich der §§ 3 ff RDG fallen. In § 2 Abs. 2 RDG werden unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 RDG typische Inkassodienstleistungen als Rechtsdienstleistungen bestimmt. Konsequenz ist, dass Inkassodienstleistungen als Hauptleistung nur von registrierten Personen oder umfassend befugten Rechtsdienstleistern, also Rechtsanwälten oder Rechtsbeiständen, erbracht werden dürfen. In § 2 Abs. 3 RDG werden dagegen bestimmte Dienstleistungen aus dem Bereich der Rechtsdienstleistung herausgenommen. Die Struktur des § 2 RDG ist somit übersichtlich und klar. Auch ist positiv festzustellen, dass durch die Neustrukturierung die Wortvielfalt des RBerG entfällt, die die Begriffe Rechtsberatung, Rechtsbetreuung und Rechtsbesorgung unterschied. Dennoch muss nun im Rahmen des Begriffs der Rechtsdienstleistung anhand unbestimmter Rechtsbegriffe abgegrenzt werden. Dies ist umso schwieriger, als der häufig sogenannten amtlichen "Gesetzesbegründung" noch der Wortlaut des Regierungsentwurfs zugrunde lag. Es ist daher genau zu prüfen, ob der verabschiedete Wortlaut noch im Sinne der Entwurfsbegründung interpretiert werden kann.
1. Konkrete fremde Rechtsangelegenheit
Zunächst fordert das Gesetz für das Vorliegen einer Rechtsdienstleistung, dass es sich um eine Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten handelt. Diese Voraussetzung ist bereits aus der bisherigen Rechtsprechung zum Rechtsberatungsgesetz bekannt. Abzugrenzen ist die fremde Angelegenheit von der eigenen Angelegenheit. Entscheidend ist, in wessen wirtschaftlichem Interesse die Besorgung der Rechtsangelegenheit liegt. Beim Auftreten aufgrund einer besonderen gesetzlichen Rechtsstellung, etwa als gesetzlicher Vertreter oder Angestellter eines Unternehmens liegt keine fremde Angelegenheit vor. Unternehmensjuristen dürfen also weiterhin auch ohne Anwaltszulassung für ihren Arbeitgeber rechtlich tätig werden. Um eine fremde Angelegenheit handelt es sich dagegen, wenn der Dienstleister lediglich ein mittelbares Eigeninteresse hat. Ebenso ist eine fremde Angelegenheit anzunehmen, wenn jemand zwar nach außen im eigenen Namen auftritt, wirtschaftlich aber für Rechnung eines Dritten handelt.
Eine konkrete Angelegenheit ist gegeben, wenn sich die Angelegenheit auf einen konkreten Sachverhalt bezieht. Gemeint ist, dass es sich um die Rechtsangelegenheit einer bestimmten einzelnen Person handelt. Damit scheiden Tätigkeiten aus, die sich an die Allgemeinheit oder einen unbestimmten Personenkreis richten, etwa bei Vorträgen, Aufsätzen oder Büchern.